…Lust auf Mehr - ich will nicht nur Lehrkraft sein

 

Auch wenn Funktions- und Beförderungsstellen jeweils ein Mehr gegenüber der Tätigkeit als Lehrkraft sind, sind diese doch recht unterschiedlich strukturiert. Funktionsstellen haben eine eher administrative oder organisatorische Aufgabe im Gefüge einer Schule, die im weitesten Sinne zur Leitung einer Schule notwendig sind. Aus diesem Grund sind diese Stellen alle mit dem Titel „zur Wahrnehmung von Schulleitungsaufgaben“ benannt. Beispielsweise gehört dazu die Stufenleitung 5/6 usw. 

Beförderungsstellen haben oft einen pädagogischen oder inhaltlichen Schwerpunkt, sie wirken am Profil der Schule mit und arbeiten neue Aufgabenfelder aus. Sie sind in der Regel nicht durch Deputatsstunden entlastet. Diese Stellen – so weist es die Statistik aus – sind oft von Frauen besetzt. Dies mag an der inhaltlichen statt an der administrativen Ausrichtung liegen. 

Im Hinblick auf die Karriere ist die Besetzung einer Beförderungsstelle nicht immer förderlich. Denn eine solche Aufgabe befähigt erst einmal nicht dazu, ganz vorn dabei zu sein, wenn es beispielsweise um die Bewerbung auf die Stelle einer stellvertretenden Schulleitung geht. Auch wenn Funktions- und Beförderungsstellen die gleiche Vergütung haben, entsprechen die darin erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht in gleicher Weise denjenigen, die für einen weiteren Aufstieg in höherdotierte Funktionsstellen nachgewiesen werden müssen. 

Anders verhält es sich, wenn die Beförderungsstelle eine faktische Funktionsstelle ist. Dennoch wird dieses immer nur als Unterstützungstätigkeit bei der Erfüllung von Schulleitungsaufgaben gesehen und eben nicht als originäre Schulleitungssaufgaben – jedenfalls wenn es um die Bewerbung für eine Stellvertretung geht und sich ein Mitbewerber eingefunden hat, der eine „echte“ Funktionsstelle nachweisen kann. 

Wer also höher und schnell hinauf will, sollte eine Funktionsstelle anstreben. Die Wege in die Schulleitung selbst können differenzierter sein, weil hier das Administrative wie das Pädagogische verlangt wird. Hier würde wohl der Nachweis von beiden Ausprägungen hilfreich sein.

Personalräte und Gesamtpersonalräte aufgepasst:
Alle Besetzungen von Stellen – also unabhängig davon, ob es sich um eine Beförderungs- oder Funktionsstelle handelt – unterliegen der Bestenauslese. Die Auswahl zwischen den Bewerber*innen findet dann in der Regel nach Aktenlage statt – im Ausnahmefall im Auswahlverfahren, wenn die Auswahlentscheidung nicht so einfach zu treffen ist und die Bewerber*innen hinsichtlich ihrer Beurteilungen eng beieinanderliegen. Wann dies der Fall ist, legt f a k t i s c h im Wesentlichen die Behörde fest. Schon das ist nicht ganz unproblematisch.

Allerdings birgt das Auswahlverfahren auch Risiken für die Bewerber*innen und Chancen für die Behörde. Das Auswahlverfahren gibt nur einen punktuellen Einblick in die Leistungen der Bewerber*innen und ermöglicht es der Behörde, recht subjektiv auf das Ergebnis zu schauen. Da das Auswahlverfahren sowieso nur angestoßen wird, wenn die dienstlichen Beurteilungen eng beieinander liegen, kann es also sein, dass der Vorsprung aus der dienstlichen Beurteilung, der bei einem Punkt liegt, nivelliert wird, da sich im Auswahlverfahren vermeintlich gezeigt hat, dass der*die Bewerber*in mit dem einem Punkt weniger doch der*die geeignetere war.

Aus diesem Grund ist von besonderer Bedeutung, dass die Personalräte an dieser Auswahl gemäß HPVG gleichberechtigt zu beteiligen sind. Das gilt sowohl für die Besetzung von Beförderungs- und Funktionsstellen in der Schule, die durch die schulischen Personalräte zu begleiten sind (alle unterhalb der Stellvertretung), wie für die Stellvertretungen, diese sind dann durch die Gesamtpersonalräte zu begleiten.

Aber anhand von was wird dann eigentlich ausgewählt. Kurz gesagt, die Bewerbung muss zur Stellenausschreibung passen und – wie  schon angedeutet – zur dienstlichen Beurteilung. Somit sind die zwei zentralen Punkte benannt, die zu den Gelingensbedingungen für eine erfolgreiche Bewerbung gehören. 

Die Bewerber*innen sollten möglichst alle Anforderungen der Stellenausschreibung erfüllen und eine gute bis sehr gut dienstliche Beurteilung haben. Die Anforderungen in der Stellenausschreibung sind noch einmal differenziert in den Blick zu nehmen. Erfüllt die Bewerber*in die zwingenden Voraussetzungen nicht, ist sie bereits aus dem Spiel. Die Behörde hat die Bewerber*in auszuschließen (vgl. hierzu: https://www.lareda.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/VVHE-VVHE000020108/part/F, Punkt 3.2). 

Alle Bewerber*innen, die die zwingenden Voraussetzungen erfüllen, werden nun anhand der wünschenswerten Anforderungen verglichen. Hinzu kommen noch weitere wesentliche Aspekte, die der dienstlichen Beurteilung. Die Note entscheidet im Wesentlichen darüber, wie gründlich der Vergleich zwischen den wünschenswerten Anforderungen hinsichtlich der vergleichenden Wertung noch vorgenommen wird.

Ist dies allerdings immer noch nicht eindeutig, dann entscheidet der berufliche Werdegang oder eben das Auswahlverfahren. 

Personalräte und Gesamtpersonalräte aufgepasst: 
Die Stellenausschreibung steuert somit maßgeblich die Bewerbungsmöglichkeit. Sie darf daher nicht einmal in Ansätzen Anforderungen erhalten, die mit der zu erledigen Aufgabe wenig bis nichts zu haben, oder zu spezifisch auf eine auszuwählende Person zugeschnitten sind.

Der*Die Kolleg*in, der*die für eine Stelle ausgewählt wird, bleibt ja möglicherweise nicht auf genau dieser Stelle, für die er*sie einst ausgewählt wurde, sondern hat mit der Auswahl eine andere Vergütungsstufe und eine Funktion in der Schule inne. Damit hat sich der*die Bewerber*in im Prinzip als grundsätzlich geeignet gezeigt, alle Funktionen auf dieser Funktionsebene auszuüben – beispielsweise eben die der Stellvertretung.

An dieser Stellschraube wird schon reichlich gedreht und der*die verwunderte personalrätliche Beobachter*in stellt dann fest, dass zu den wünschenswerten Voraussetzungen einer Grundschule das Fach Englisch gehört oder zu einer Beförderungsstelle ein Ping-Pong-Schein.

In den Worten eines aktuellen Urteils ausgedrückt heißt dies: „Der Dienstherr hätte es andernfalls auch in der Hand, einen höherwertigen Dienstposten zu schaffen, der genau den Fähigkeiten eines vom ihm gewünschten Bewerbers entspricht, um diesem einen Bewerbungsvorsprung zu verschaffen, was mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbar wäre“ (vgl. „Ausschluss aus einem Auswahlverfahren um eine Schulleiterstelle aufgrund eines dienstpostenbezogenen Anforderungsmerkmals, das für sämtliche entsprechenden Dienstposten gilt“, aus VGHHE:2023:0228.1B267.22.00 - https://gew-wiesbaden.de/fileadmin/user_upload/Broschuere/Hessischer_Verwaltungsgerichtshof_1_B_267-22_JURE230046435-1__002_.pdf)

Die nächste Stellschraube ist die dienstliche Beurteilung. Wer viele davon liest, erkennt den Baukasten. Bestimmte Formulierung drücken bestimmte Leistungen aus und finden sich in einer gewissen Varianz immer wieder. Mit anderen Worten: Wenn die Schulleitung weiß, was notenmäßig dabei rumkommen soll, werden die dazu passenden Formulierungen schon gefunden. Macht die Schulleitung dies handwerklich korrekt und lässt sich vom Schulamt nicht reinreden, muss das Schulamt unterschreiben. Denn es hat nur die Aufgabe der Überprüfung der Konsistenz. Mit dieser Note geht mensch dann ins Rennen. 

Die Bestenauslese kann also in einem fein abgestimmten Prozess zur Farce geraten. Stimmt die Stellenausschreibung mit den Fähigkeiten des*der Bewerber*in überein und hat er*sie die beste Note in der dienstlichen Beurteilung, perfekt! Jedenfalls für den*die Ausgewählte*n. 

Ist der Prozess noch nicht ganz in die gewünschte Abstimmung gebracht worden und sind Mitbewerber*innen noch im Rennen, wird schon mal das eine oder andere Gespräch geführt, Bewerber*innen ziehen zurück oder das Verfahren hängt. Dann müssen dienstliche Beurteilungen neu eingeholt werden etc. pp. Manchmal hat der Personalrat das Gefühl, dass es zugeht wie in dem Werbeslogan: Was nicht passt, wird passend gemacht.

Die andere Möglichkeit der Einwirkung ist das Liegenlassen der Bewerbungen. Dann verliert vielleicht jemand die Geduld und das Interesse oder es kann das eine oder andere Gespräch geführt werden, welches Auskunft über die wohl zu erwartenden Chancen gibt, oder, oder, oder...

Zeit spielt hier die zentrale Rolle. Ist die gewünschte Bewerber*in noch nicht so weit oder hat die Voraussetzungen noch nicht, schaffte es das Amt eben auch noch nicht, diese Stelle auszuschreiben. Dann muss die Schule diese Zeit überbrücken, im Ideal mit der Beauftragung dieser Person durch die Schulleitung. Wenn dann Showtime ist, liegt alles bereit. Die Bewerber*in hat Erfahrung und wen wundert es, eine gute dienstliche Beurteilung. Die Stellenausschreibung passt auch genau. Schließlich handelte es sich um die zuvor übertragenden Aufgaben. 

Den Personalräten bleibt dann – wenn keine Mitbewerber*innen da sind und formal alles korrekt war – nur noch der Fristablauf. Es sei denn, die Stellenausschreibung war so formuliert, dass das Verfahren von vornherein nicht den einzuhaltenden Normen entspricht. 

Ansonsten ist der Fristablauf eine Form der Zustimmung zum Vorgang, der Unwillen bekundet aber dennoch faktisch zustimmt. 

Mehr geht dann leider nicht, obwohl die Bestenauslese zur Farce wurde. 

Aber warum überhaupt Bestenauswahl? Die Person war doch nachweisbar geeignet, sie verstand sich gut mit der Schulleitung und dem Amt – auch die Kolleg*innen waren einverstanden. Ja, vielleicht wird auch auf solchen Wegen mal der*die Beste gefunden. Aber das Klima, in dem so etwas gedeiht, ist das der Anpassung, des Dienens, der pflichtbewussten Ja-Sagerei. Es verschließt zugleich den Zugang zum Amt für diejenigen, die etwas nicht so machen wollen, wie die Entscheider*innen und Vorturner*innen es wünschen. Ein neuer Wind, das ist sicher, weht so nicht durch die Schulen.

Zu einer erfolgreichen Zustimmungsverweigerung müssen gute Gründe her, beispielsweise die einer auf die gewünschte Person zugeschusterte Stellenausschreibung. So werden dann am Ende die Personalräte Hüter des Grundgesetzes und der Bestenauslese im Hoffen darauf, dass allen Kolleg*innen der gleiche Zugang zum Amt ermöglicht wird. 

Wer sich vertieft mit dem Verfahren befassen will, sollte folgende Erlasse lesen (für allgemeinbildende Schulen: https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/VVHE-VVHE000018491/part/F und für berufliche Schulen:  https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/VVHE-VVHE000018492/part/F).

Funktionsstellen und Beförderungsstellen
Der Anspruch des Landes Hessen besteht darin, dass alle Funktions- und Beförderungsstellen teilbar sind. Teilbar ist mehr als die Ausübung in Teilzeit. Teilbar heißt, dass sich zwei Kolleg*innen die mit der Stelle verbundenen Aufgaben teilen. Die Voraussetzung für diese Art der Teamarbeit hat das Land Hessen noch nicht geschaffen. 

Um diesen Anspruch aber zu realisieren, müssten andere Modelle der Erfassungs- und Abrechnungssystematik zur Anwendung kommen. Teilen sich zum Beispiel zwei A13-Kolleg*innen eine Stelle, so müssten diese anteilig weiterhin mit A13 und A14 bezahlt werden. Die Aufgaben müssten zwischen den Kolleg*innen geteilt oder im Team erledigt werden. Würde die eine Kolleg*in aus dem Projekt ausscheiden wollen, könnte der*die Teamkolleg*in übernehmen oder der von ihm*ihr zuvor auch nicht erledigte Teil müsste neu ausgewählt und als halbe Stelle besetzt werden. 

Dieses Modell würde auf der einen Seite sicher dazu beitragen, dass sich mehr Leute für eine Funktions- und Beförderungsstelle entscheiden würden. Allerdings müsste – wie sonst auch – strikt darauf geachtet werden, dass aus zwei Teilzeit-A14-Stellen, die vergütet werden, keine zwei überhälftigen Teilzeitstellen mit einem ausgedehnten Funktionsanteil werden.

Da Funktionsstellen anders als Beförderungsstellen in der Regel mit Stunden aus dem Schulleitungsdeputat entlastet werden, ist sich an der Höhe der Entlastung zu orientieren, die im Geschäftsverteilungsplan mit Stunden hinterlegt ist und wie umfänglich der Funktion nachgegangen wird. 

Die Funktionsstelle selbst bedeutet – anders als die der Beförderungsstelle – mehr Verantwortung. Mehr Verantwortung ist mit mehr Geld hinterlegt und ein Mehr an Zeitaufwand kann in der Regel nicht erwartet werden. Bei Beförderungsstellen ist auf die mit der Stelle in Zusammenhang stehende Aufgabe so zu achten, dass der Mehraufwand mit der Gehaltsanhebung in Einklang zu stehen hat – die Arbeit somit verhältnismäßig zur Mehrzahlung zu sein hat.

 

Ob diese Logik richtig ist oder nicht, ist hier nicht zu bewerten. Die Kolleg*innen sollten sich aber darauf einrichten, dass in der Regel eine Beförderungsstelle nicht noch zusätzlich mit Deputat hinsichtlich ihrer Leistungen ausgeglichen wird – wohingegen dies bei der Funktionsstelle zu erfolgen hat.