Gericht bestätigt Werbe-Vorwurf

Network for Teaching Entrepreneurship scheitert mit Klage gegen kritischen Lehrer

Alle werden Unternehmer: Unter dieser Überschrift stellte unser Kollege René Scheppler, Mitglied im Kreisvorstand der GEW Wiesbaden, in der HLZ 3/2016 den Verein Network for Teaching Entrepreneurship (NFTE) vor, der mit einem eigenen Schulbuch, einem NFTE-Lehrplan und Fortbildungen zum Certified Entrepreneur Teacher „Eigeninitiative, Selbstvertrauen und Unternehmergeist in öffentliche und private Schulen“ tragen will.

Die Recherchen von René Scheppler führten unter anderem zu einer Anfrage im Landtag und schließlich zu einem Verbot der Nutzung des Buchs in Schulen durch das Hessische Kultusministerium (HKM). Dem Vorwurf des Deep Lobbying begegnete NFTE Deutschland zunächst mit einer Unterlassungsaufforderung und dann mit einer Klage vor dem Landgericht Wiesbaden. Diese wurde mit Urteil vom 25.2. 2021 vollumfänglich zu Lasten des Klägers abgewiesen. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass das Gericht die Kritik von René Scheppler nicht nur als eine nach Artikel 5 Absatz 1 GG zulässige Meinungsäußerung bewertete, sondern als begründete Tatsachenbehauptung:

„Wie (…) abgestritten werden kann, es werde Lobbyismus betrieben oder Werbung gemacht, erschließt sich dem Gericht nicht. Auch die Verwendung des Begriffes ,Deep lobbying‘ erscheint in diesem Zusammenhang angebracht zu sein. Das Gericht versteht „deep lobbying“ als eine Erscheinungsform des Lobbyismus, die durch eine langfristige Einflussnahme auf die Beeinflussung von Einstellungen in der Gesellschaft abzielt. Durch das Schülerbuch will der Kläger eine positive Einstellung der Schüler zur Wirtschaft erreichen. Diese Grundsteinlegung im jungen Alter kann die Einstellung der Schüler für die Zukunft nachhaltig beeinflussen.“

Artikel 5 Abs.1 GG erlaube  „auch eine überpointierte Darstellung von Kritik“ beschränke sich keineswegs „auf eine ausgewogene oder schonende Darstellung“. Der beklagte Kollege sei auch nicht zur „Neutralität“ verpflichtet, sondern betreibe „Aufklärung der Allgemeinheit, indem er sich zu einem Thema von allgemeiner gesellschaftlicher Bedeutung äußert:

„Als Lehrer ist er auch dazu berufen, auf in seinen Augen unzulässige Einflussnahme an Schulen aufmerksam zu machen, da ihm insoweit ein Schutzauftrag zugunsten der Schüler übertragen wurde. Die Äußerungen des Beklagten dienen mithin einem Informationsinteresse der Allgemeinheit.“

 

Dieser Beitrag erschien urspünglich auf www.gew-hessen.de.