Dritte Stellungnahme

des Gesamtpersonalrats der Lehrerinnen und Lehrer (Wiesbaden und Rheingau-Taunus-Kreis)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir wenden uns mit einer dritten Stellungnahme und vier Themen an die örtlichen Personalräte, in der Hoffnung, dass noch viele gesund sind.

Die Lage im Lande wie auch speziell an und in den Bildungseinrichtungen ändert sich praktisch stündlich, die Flut an Erlassen, Anweisungen, Mails aus dem HKM und den Ämtern an v.a. die Schulleitungen ist nahezu unüberschaubar. Das bringt es mit sich, dass viele Fragen ungeklärt bleiben, während neue Unwägbarkeiten hinzukommen.
Wir möchten daher vorwegschicken, dass wir weiterhin bemüht sind, das Büro des Gesamtpersonalrats am Laufen zu halten und Anfragen schnellstmöglich zu bearbeiten. Hilfreich wäre es, wenn immer auch eine Telefonnummer mit angegeben würde, dann rufen wir nach Möglichkeit zurück - vieles ist im Gespräch schneller zu klären.

a) Sogenannte Dokumentationspflicht:

Es wird von einigen Schulen berichtet, dass die Schulleitungen eine umfangreiche Dokumentation der dienstlichen/unterrichtlichen Tätigkeiten bzw. Arbeitszeiten (auch und gerade von zu Hause aus) verlangt. Eine solche war bisher für Lehrkräfte im Regelschulbetrieb – abgesehen von Einträgen ins Klassenbuch bzw. Kursheft – nicht vorgesehen. Gleichzeitig ist klar, dass bisher in keinem der Schreiben durch HKM oder Schulamt darauf hingewiesen bzw. diese eingefordert wurde. Somit handelt es sich bei der Aufforderung, die Tätigkeiten zu dokumentieren, um eine Forderung, die von Schulleitungen – zum Teil in gegenseitiger Absprache – „erfunden“ wurde. Es steht Schulleitungen aber nicht zu, hierzu Verordnungen bzgl. der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen von Lehrkräften o. ä. zu erlassen. Somit ist die Aufforderung zur Dokumentation der Arbeitszeit unserer Ansicht nach nicht zulässig.

Meldedaten der Schulleitung an das Staatliche Schulamt sind nach bisherigen Informationen die Anzahl der Lehrkräfte, die Anzahl der erkrankten Lehrkräfte und „Lehrkräfte in häuslicher Absonderung“ sowie voraussichtliche Fehlzeiten für den Folgetag. Eine namentliche Meldung von Lehrkräften ist dem GRPLL derzeit nicht bekannt.

b) Abordnungen zur Notbetreuung

Seitens des Staatlichen Schulamts gibt es Bestrebungen, die Notbetreuungen an einzelnen Schulen derart zu lösen und/oder zu unterstützen, dass Kolleg*innen anderer Schulen abgeordnet werden sollen. In einem Schreiben an die Amtsleitung hat der GPRLL wie folgt Stellung genommen und befindet sich weiterhin in der Klärung dieses Sachverhalts:

  1. Wenn es die Pandemie eindämmt, dass möglichst wenige Kontakte zwischen Menschen und über zwei Menschen zwischen neuen Gruppen entstehen sollen, dann erscheint es uns notwendig, die Idee des disponiblen Einsatz von Kolleg*innen höchst kritisch zu prüfen. Sie zu Träger*innen der Ansteckung von Schule zu Schule zu machen, dürfte dem Sinn aller beschlossenen Maßnahmen entgegenstehen. Von daher bitten wir Sie, den Einsatz nur dann zu planen und anzuordnen, wenn er unvermeidbar ist.
  2. Wenn und soweit kurzfristige Abordnungen zur Sicherstellung von Notbetreuungen durchgeführt werden müssen, bitten wir im Ideal auf Freiwilligkeit abzustellen
  3. Zudem bitten wir um die Überlassung der bei den Schulleitungen abgefragten Listen, damit der GPRLL im Bilde ist und sich abzeichnende Notwendigkeiten erkennen kann. Da die Bedarfe und Information an das HKM gesandt werden, bitten wir um gleichzeitige Benachrichtigung.
  4. Planen Sie tatsächlich Abordnungen, bitten wir Sie, uns darüber so rechtzeitig wie möglich zu informieren. Dies, um umgehend in die Vorabrecherche einsteigen zu können und uns mit den Kolleg*innen ins Benehmen setzen zu können.
  5. Zudem bitten wir um die Einhaltung des üblichen Weges. Maßnahmen, die ggf. nicht mitbestimmungspflichtig sind, erbitten wir dennoch vor Umsetzung vorgelegt zu bekommen. Dies, damit der GPRLL eigenständig prüfen kann, ob es sich um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme handelt oder nur um eine zur Kenntnis-Maßnahme. Diese Zur-Kenntnisgabe der geplanten Personalmaßnahme soll wie immer alle notwendigen Information enthalten.

Der GPRLL stellt darüber hinaus fest: Alle Kolleg*innen arbeiten, selbst wenn Sie nicht in der Notbetreuung sind oder zu den Risikogruppen gehören. Sie begleiten ihre Klassen und erledigen ihre Aufgaben. Sie sind - wenn auch oft nicht persönlich - für ihre Schüler und deren Eltern da. Sie versuchen diese ungewohnte Schulsituation zu stemmen und haben dabei alle auch ganz private Hindernisse zu meistern, wie alle anderen auch.


c) Ad-hoc-Digitalisierung per Videokonferenz 

Mit großem Unverständnis haben wir eine Informationsmail an alle Schulen zur Kenntnis genommen, in der der Schulträger in Form des Medienzentrums den Schulen den Einsatz des Videokonferenzdienstes „Zoom“ empfiehlt. Seitens des Gesamtpersonalrats sehen wir dies sehr kritisch, da es sich einerseits um ein kommerzielles Unternehmen handelt, dessen Geschäftssitz außerhalb der europäischen Union liegt. Zudem findet offenbar Datenverarbeitung im Hintergrund statt (einer von mehreren kritischen Aspekten aus der Datenschutzerklärung des Dienstes: "unsere externen Dienstanbieter und Werbepartner (z. B. Google Ads und Google Analytics) sammeln automatisch mithilfe von Methoden wie z.B. Cookies und Nachverfolgungstechnologien (…) einige Informationen über Sie, wenn Sie unsere Produkte verwenden“). 

Zudem werden unveränderliche, personenbeziehbare Daten (Aufnahmen der Gesichter von Kindern/Jugendlichen) in nicht kontrollierbare Settings übertragen. Sollten die Schüler*innen die Kontrolle über diese Merkmale verlieren, müssen sie mutmaßlich jahre- oder lebenslang damit leben (wir erinnern an den jüngsten Clearview-Skandal mit maßenhafter Gesichtserkennung).

Seitens des Kultusministeriums wird deutlich formuliert, dass neue Plattformen nicht eingeführt werden sollen - nur bereits bestehende Infrastruktur (nach konformer Einführung) kann weitergenutzt werden: https://kultusministerium.hessen.de/foerderangebote/schule-gesundheit/aktuelle-informationen-zu-corona/anregungen-zum-digitalen-lernen

Schließlich erlaubt „Zoom“ Verhaltenskontrolle zu aktivieren, bei der registriert wird, ob der Nutzer der Videokonferenz folgt. Dies ist spätestens durch die Personalräte mitbestimmungspflichtig und gegenüber darüber nicht informierten und einwilligenden Schüler*innen und Kolleg*innen tabu.

Wir verweisen auf das Statement Digitalcourage e.V.: „Proprietäre Videokonferenz-Anbieter wie Skype oder Zoom sind eine Datenschutz-Katastrophe.“ 

Wir erlauben uns zudem den Hinweis auf die hr-Info Netzwelt-Sendung zum Einsatz von Lernplattformen an Schulen vom 20.03.2010.

d) Verschiebung der Personalratswahlen

In den letzten Tagen ist offenbar seitens der Staatlichen Schulamtsleitung an die Schulen die Information verbreitet worden, dass die Personalratswahlen um ein ganzes Jahr verschoben würden. Wir möchten dazu auf die heutige, 36. Plenarsitzung des Landtags verweisen, in der der entsprechende Gesetzesentwurf auf der Tagesordnung stand. In diesem ist zunächst eine Verlängerung der Amtszeiten der derzeitigen Personalräte bis spätestens Ende Mai 2021 vorgesehen. Es heißt: "Das Hessische Ministerium des Innern und für Sport wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung den Zeitraum für die Personalratswahlen festzulegen.“

Daraus ergibt sich, dass ein konkretes Datum für die Personalratswahlen noch nicht feststeht - und durchaus auch früher denkbar ist.

Beste Grüße
Manon Tuckfeld
Vorsitzende des Gesamtpersonalrats
der Lehrerinnen und Lehrer beim Staatlichen Schulamt für den Rheingau-Taunus-Kreis und die Landeshauptstadt Wiesbaden GPRLL-RTWI Walter-Hallstein-Straße 3-5
65197 Wiesbaden