Das 3-gliedrige Schulsystem an seinen Grenzen

Pressemitteilung vom 27. Mai 2021

Die Wiesbadener Eltern haben gewählt – und zwar die weiterführenden Schulen für ihre Kinder.

Das Staatliche Schulamt musste wie in jedem Jahr Schüler*innen umlenken.

Das sagt die GEW Wiesbaden-Rheingau dazu:

 

Elternwünsche zeigen das Scheitern des dreigliedrigen Schulsystems 

1233 Eltern haben im Erstwunsch ein Gymnasium angewählt (1278 Plätze), 845 eine IGS (800 Plätze) und 384 eine Haupt-/Realschule (610 Plätze). 

Die HR-Schulen sind nur mit knapp 63% ihrer Kapazität angewählt. Die IGS sind in Summe überwählt, was jedoch vor allem an der Überwahl der Helene- Lange- Schule (233 Erstwünsche/ 100 Plätze) und der IGS-Kastellstraße (116 Erstwünsche/ 75 Plätze) liegt. Den Gymnasialwünschen der Eltern, die über 50% der Schulformwahl ausmachen, konnte durch Einrichtung des neuen Gymnasiums (Elisabeth-Selbert-Schule) und einer Klassenkapazitätserweiterung nachgekommen werden.

 

Abschulungen aus Gymnasien führen das gegliederte Schulsystem an seine Grenzen

Wie bereits in den vergangenen Jahren mahnt die GEW bei einer Gymnasialanwahl von über 50% den steigenden Selektionsdruck und drohende Abschulungserfahrungen an, denen Kinder ausgesetzt werden, und spricht sich gegen Abschulungen aus.

„Vom Trend her wird also das Gymnasium die Gesamtschule der Zukunft oder es gelingt endlich, die 'eine Schule für alle' zu wagen, um künftig nicht noch größere Schüler*innenströme zur Unzufriedenheit aller Beteiligten umlenken zu müssen“, sagt Johanna Browman, Kreisvorsitzende der GEW Wiesbaden-Rheingau. „Gerade in der Coronakrise wurde klar, dass wir nicht weitermachen können wie bisher und grundlegende Änderungen im Schulsystem brauchen, um noch einen Funken an Bildungs- und Chancengerechtigkeit zu bewahren.“

 

Helene-Lange-Schule (HeLa) zum ersten Mal ohne vorgezogenes Anmeldeverfahren – Chancen auf mehr Gerechtigkeit trotzdem verpasst

Kaum ein Kind aus den sogenannten Brennpunktschulen hat einen Platz an der HeLa ergattern können. Kinder aus Biebricher Grundschulen erhalten allesamt keinen Platz, ebenso Kinder aus dem Sauerland und von der großen 5-zügigen Geschwister-Scholl-Schule in Klarenthal.
An zwei großen Innenstadtschulen und an zwei Schulen in AKK wird die HeLa - wohl aus Erfahrungen der Vergangenheit - gar nicht erst angewählt.
Mit 14 HeLa-Aufnahmen aus einer einzigen Schule sticht die Konrad-Duden-Schule hervor. (Rosegger-Schule 12 Aufnahmen/0 Weiterleitung, Schumann-Schule 7/2, Kohlheckschule 6/1, GS Bierstadt 8/22).

Die GEW konstatiert: Für die HeLa selektiert das Staatliche Schulamt jetzt über die Einzugsgebiete, später wieder über das Kriterium der Geschwisterkinder. Und damit sind Kinder aus bestimmten Stadtteilen bis auf Weiteres raus, wenn es im nächsten Jahr keine deutliche Veränderung im Aufnahmeverhalten der HeLa gibt. Ein Prüfstein für das Selbstverständnis einer IGS mit Versuchsschulstatus.

Auch Inklusion findet nicht in Dreigliedrigkeit statt 

Selbst 12 Jahre nach Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention gibt es keine Inklusive Beschulung an Wiesbadener Gymnasien. Die HR-Schulen halten 18 Plätze, die IGS 72 Plätze planungsmäßig vor, die Gymnasien 0. „Ein Armutszeugnis für eine ehemalige Modellregion Inklusion!“, konstatiert Johanna Browman. „Es geht bei Inklusion eben nicht um Leistungsprinzipien beim Zugang zu weiterführenden Schulen“.