# Armutszeugnis für KuMi Kommunikation

Presseerklärung der GEW Bezirksfachgruppe Grundschulen Südhessen vom 31.05.2021

Respektvoller Umgang, klare Kommunikation – diese Grundsätze lernen wir als „Erstis“ zu Beginn unseres Studiums.
Dass wir bereits von Schulanfängern diese Basiskompetenzen erwarten können, jedoch vom Hessischen Kultusminister im Umgang mit uns das Gegenteil erfahren, stößt uns sehr bitter auf.

So werden wir im Februar 2021 von Herrn Dr. Lorz angewiesen, den Schwerpunkt auf die Fächer Deutsch, Mathe, 1. Fremdsprache und Sachunterricht zu legen - Klar, verstanden, haben wir trotz widriger Bedingungen bestmöglich umgesetzt.
Einen Monat später erreicht uns folgende Anweisung:

„Die Präsenzzeit in der Schule vor den Osterferien dient ausdrücklich nicht der Erbringung verbindlicher schriftlicher Leistungsnachweise.“
So weit, so klar. Verstanden, umgesetzt.

Jetzt wird’s verwirrend:
„Insbesondere in Phasen von Distanz- und Wechselunterricht sind außerdem folgende Bedingungen von Bedeutung:
Die Art der Aufgabenstellung muss so gewählt werden, dass es der Lehrkraft möglich ist einzuschätzen, ob es sich um eine selbständig erbrachte Leistung handelt.“
HÄH? So weit, so schwammig.

Eine eindeutige Ansage von oben, klar und empathisch, WIE GENAU wir das umsetzen sollen- Fehlanzeige. Stattdessen verdichtete sich der Dschungel weiter – und damit die Anspannung und Belastung in Kollegien weiter. Im Ministerschreiben vom 12.5.2021 erfuhren wir folgendes:
Die Notengebung soll nicht etwa nur in den Hauptfächern erfolgen, in denen wir Unterricht erteilt haben, sondern plötzlich auch in den Nebenfächern – die wohl bemerkt ÜBERHAUPT NICHT UNTERRICHTET WURDEN. Freundlicherweise erfahren wir dazu, dass die „Leistungsfestellung in den Nebenfächern über ALTERNATIVE FORMATE zu erfolgen hat. Würden wir im Klassenzimmer auch nur annähernd so diffuse Arbeitsaufträge erteilen, jede Klasse würde uns um die Ohren fliegen. Und zu Recht!

Ist es zu viel verlangt, vom Kultusminister klar umsetzbare Anweisungen zu erwarten, die fair für Eltern, Kinder und Lehrkräfte sind? Hierzulande erwiesenermaßen ja. Was ein Armutszeugnis!

Wiesbaden, den 31.05.2021

# Mutmachnoten JA, Mutmaßliche Noten NEIN: keine Noten in den Nebenfächern!

Als leidenschaftliche Grundschullehrerinnen schätzen wir gerade auch die Nebenfächer. Denn in diesen (Unterrichts-) Zeiten zeigt sich die Kreativität, Spontanität, Musikalität und Sportlichkeit der Kinder, dass die Freude-Funken nur so sprühen! Im Idealfall hätten wir uns – gerade als „schönes“ Gegengewicht in Pandemiezeiten - nur zu gern auch den musischen, künstlerischen, sportlichen und fremdsprachlichen Aspekten des Curriculums gewidmet. Allerdings war dies im Distanz- bzw. Wechselunterrichtsmodus nicht leistbar. Uns stand lediglich die Hälfte der Unterrichtszeit zur Verfügung. Seit dem 19.04.2021 kommt erschwerend die Testpflicht im Klassenzimmer hinzu. Unterrichtszeit verrinnt in diesem Zusammenhang weiter.

Daher konnte und kann zeitlich und faktisch kein fachgerechter Unterricht in den Nebenfächern erteilt werden. Auch räumlich, sowie durch Hygieneauflagen ist kein fachgemäßer Unterricht in den Nebenfächern möglich (geschlossene Turnhallen, Sing- und Tanzverbot, zu wenig Platz für Kunstprojekte etc.). Daraus resultiert natürlich, dass keine faire und fachlich fundierte Notengebung möglich ist. Darüber hinaus kommt erschwerend dazu, dass Fachlehrkräfte pandemiebedingt momentan nicht flächendeckend eingesetzt werden können.

Somit stellen sich uns folgende Fragen:

Auf welcher Grundlage soll die Notengebung erfolgen? Da uns keine Unterrichtszeit zur Verfügung steht, können wir keine qualifizierte Leistungsbewertung vornehmen. Im Distanz- oder Wechselunterricht stellt sich zudem verstärkt die Frage, was wir bewerten: Elternleistung oder Kinderleistung? Zu befürchten ist ersteres: somit öffnet sich die soziale Bildungsschere weiter! Es besteht die Gefahr, dass die SchülerInnen OHNE qualifizierten Unterricht MIT Leistungsbewertung die Freude und das Interesse an den Nebenfächern verlieren, die ihnen zuvor Freude bereitet haben. Dies führt in eine Demotivationsspirale, was in ästhetischer Erziehung tödlich ist. Wie sollen wir Fächer, die eigentlich Spaß machen sollen, unfundiert bewerten und die SchülerInnen dadurch nachhaltig demotivieren?

In der Anordnung von Minister Lorz vom Februar 2021 an die Schulleitungen werden die Kollegien dazu angehalten, sich auf den Unterricht in den Hauptfächern zu konzentrieren. Dem sind die KollegInnen gefolgt und haben dies bestmöglich getan. Nun wird von uns jedoch auch die Notengebung in den Nebenfächern gefordert, und dies bei weniger als der halben Unterrichtszeit. Hieraus entsteht eine Paradoxie, die wir im Alltag nicht auflösen können.

#Fairness first: gegenseitiger Respekt nicht nur im Fußball, sondern auch in Bildung

Als Vertreterinnen und Vertreter der Grundschulen im Gesamtpersonalrat Wiesbaden Rheingau baten wir im April in einem Schreiben an die Schulamtsleitung Wiesbaden um Hilfe bei der Auflösung dieser Paradoxie.
Eine Antwort haben wir bisher nicht bekommen. Das Traurige daran ist, dass wir bereits daran gewöhnt sind, keine Antworten zu erhalten.
Jedes Kind in der Schule soll gehört werden... die Hilferufe von uns Lehrkräften werden jedoch konsequent ignoriert. Ganz ehrlich, im Fußball wäre das ein definitives FOUL. Wir hoffen auf unseren Elfmeter, die Aussetzung der Notengebungspflicht in den Nebenfächern. Oder zumindest auf einen Eckball: dass uns erlaubt wird, im Zeugnis zu erwähnen, dass es Corona wirklich gibt.

GEWerkschaftliche Grüße
Das Vorsitzenden Team Antje Weitz, Manuela Kirschenlohr und Johanna Browman