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Der/die Teilzeitbeschäftigte

Aktuelles GPRLL-Info der GEW-Fraktion

Die Befragung

Im Schulamtsbezirk Wiesbaden und dem Rheingau-Taunus- Kreis gibt es um die 5000 an Schule beschäftigte Lehrerinnen und Lehrer, davon ein nicht unerheblicher Teil in Teilzeit. Im Verhältnis zu der Anzahl der Teilzeitbeschäftigten waren die Rückmeldungen auf die Umfrage des Gesamtpersonalrats erfreulich hoch und eindeutig, so dass von einer Repräsenta- tivität der Umfrage ausgegangen werden kann. In Bezug auf die einzelnen Schulformen war der Rücklauf nicht ganz so stabil, so dass Abweichungen zur Gesamtauswertung mit ei- ner gewissen Vorsicht zur Kenntnis genommen werden soll- ten. Es gab Kolleg*innen, die die Möglichkeit der Anonymität nutzten, so dass die Antwort keiner Schulform oder Schule zuzuordnen war. Auch war der Rücklauf je Schulform unter- schiedlich. Es gab aber viele Schulpersonalräte, die die Bö- gen zusammenfügten, so dass die Zuordnung eindeutig war.

Die Ergebnisse wird der GPRLL, wenn für die jeweilige Schule vorliegend, allen schulischen Personalräten zur Verfügung stellen. Diese Ergebnisse können dann in der Schule für die weitere Befassung mit diesem Thema Berücksichtigung fin- den.

Das Setting

Der GPRLL hat die Befragung so aufgebaut, dass die Struktur der Rundverfügung des Staatlichen Schulamtes als Grund- lage für die Befragung genommen wurde. Ab Seite 4 der Verfügung (diese kann man sich herunterladen1) nimmt das Staatliche Schulamt die Trennung in teilbare und unteilbare Dienstpflichten vor. An dieser wurde sich erstmal orientiert. Die Fragen zielten dann darauf, inwieweit die Kolleg*innen eine Beachtung der Vorschläge/Vorgaben bestätigen konn- ten. Zum Beispiel im Hinblick auf die Pausenaufsichten. Die Frage war „Ich werde zu Pausenaufsichten nur reduziert ein- gesetzt?“ Bei den Antworten konnte zwischen ‚ich stimme zu‘, ‚ich stimme nicht zu‘ und ‚keine Angabe‘ gewählt wer- den.

Erst die letzten Fragen wurden vom GPRLL eingebracht. Der Unterschied zwischen Frage 9 und 10 bei den nicht teilbaren Dienstpflichten besteht darin, dass bei der einen Frage der Schwerpunkt auf dem Einsatz am Vor- und am Nachmittag liegt, bei der anderen auf der Anzahl der Springstunden.

Der Effekt

Der sofort zu begrüßende Effekt war, dass viele Kolleg*innen auf diesen Weg, also anlässlich der Umfrage, das erste Mal von der Verfügung des Staatlichen Schulamtes Kenntnis erhielten. Kolleg*innen konnten so aktiv, mit der Rundverfü- gung in der Hand, auf die Schulleitung zugehen und über be- stimmte Einschränkungen ihrer Einsetzbarkeit ins Gespräch kommen. Selbstredend geht dieser Aushandlungsprozess nicht nur individuell, sondern auch kollektiv. Der schulische Personalrat kann auch Ansprechpartner und Interessenver- treter zur Regelung der Ansprüche aus Teilzeit sein.

Durch die Befassung mit der Rundverfügung wurden aber auch Fragen aufgeworfen. Was ist zum Beispiel unter der teilbaren Dienstpflicht auf Seite 5 Punkt d „Übernahme be- sondere Verwaltungsaufgaben“ zu verstehen? Fast die Hälf- te machten keine Angabe, die andere verneinte, nur ganz wenige stimmten zu. Ein Zeichen dafür, dass nicht nur wir diesen Absatz nicht verstehen und es sich in der schulischen Wirklichkeit nicht findet. Wichtiger wäre hier, dass Verwal- tungsaufgaben grundsätzlich nicht von Lehrkräften - son- dern Verwaltungsangestellten - ausgeführt werden.

Das Ergebnis

Bei der Auswertung fällt auf, dass es eigentlich nur in einem Bereich der teilbaren Dienstpflichten gut klappt: Pausenauf- sichten. Bei dem Ausgleich für kurzfristig angesetzte Ver- tretung von Pausenaufsichten klappt es schon nicht mehr so gut. Bei Projekttagen und Wochen, Betriebspraktika und Elternsprechtagen auch nicht mehr. Verwaltungsaufgaben und Klassenfahrten bilden das traurige Schlusslicht der teil- baren Dienstpflichten.

Bei den nicht-teilbaren Dienstpflichten sind Konferenzen bis Prüfungen ganz hinten. Hier scheint es keine wahrnehmba- re Entlastung für Teilzeitkräfte zu geben. Die Vorschläge des Staatlichen Schulamtes laufen somit ins Leere oder können im Schulalltag bzw. durch die Schulleitung nicht sinnvoll zur Anwendung gebracht werden.

Hingegen scheint es an den Schulen gute Stundenplaner zu geben, die es schaffen, Teilzeitkräften via Stundenplan zu- mindest im Wesentlichen gerecht zu werden. Ausreißer im Hinblick auf die Stundenplangestaltung lagen zwar vor, aber das scheint dann nicht der Grundsatzproblematik Teilzeit geschuldet zu sein. Dies ermuntert gegen zu viele Spring- stunden und eine schlechte Verteilung im Stundenplan an- zugehen und sich nicht unter Hinweis auf die Teilzeit mit einemschlechten Stundenplan abzufinden.

Auf der Möglichkeit der Fortbildung scheint Teilzeit keinen negativen Einfluss zu haben.

Schulformbezogen gibt es manchmal spannende Differenzen zu den Aussagen der Umfrage über alle Schulformen hinweg.

Die Bewertung

In der Teilzeitverfügung des Staatlichen Schulamtes Wiesbaden heißt es „Grundsätzlich haben in Teilzeit beschäftigte Lehrkräfte neben ihrer Unterrichtsverpflichtung auch außerunterrichtliche Aufgaben zu erfüllen. Bei der Reduzierung der Unterrichtsstun- denzahl sollte jedoch gewährleistet sein, dass sich diese Reduzie- rung auch auf das Maß der außerunterrichtlich abzuleistenden Dienstpflichten auswirkt. (...) Bei der Reduzierung der außerun- terrichtlichen Aufgaben dürfen die vorrangig zu behandelnden Punkte der Wahrung der Funktionsfähigkeit der Schule (!!!) und die Förderung des Schülers (!!!) nicht außer Acht gelassen wer- den.“ Dann wird noch auf die Gesamtbelastung hingewiesen und auf den notwendigen Abwägungsprozess zwischen den unter- schiedlichen Interessen.

Die Umfrage zeigt: Teilzeit ist nicht ein gewählter Teil von Voll- zeit, sondern mehr.

Gehen wir mal von einer 50 %-Teilzeitstelle aus, so reduziert sich nur der Pflichtstundenanteil um 50%. Der Anteil der teilbaren Dienstpflichten wie der Anteil der nicht teilbaren Dienstpflichten reduziert sich nicht in gleicher Weise. Die geteilten Pausenauf- sichten können dieses Missverhältnis nicht aufwiegen.

Die Teilzeitkolleg*innen arbeiten mehr, für weniger Geld.

Die Vorschläge, die in der Rundverfügung zur Lösung der Reduk- tion des außerunterrichtlichen Teils der Dienstpflichten einer Lehrkraft vorgelegt wurden, erfüllen dieses Ansinnen, aus einer Teilzeitstelle eine echte Teilzeit zu machen, nicht mal in Ansätzen.

Besonders wichtig ist auch, dass besonders zentrale Dienst- pflichten vom Staatlichen Schulamt gar nicht in die Rundverfü- gung aufgenommen wurden. Zu diesen fehlenden, dienstlichen Funktionen gehören die Klassenleitung, die Tutorenschaft, die Mentorenschaft, die Fachsprecher*innen, die Teamsitzungen. Dies, obwohl sie von ihrem Charakter nach zu den teilbaren ge- hören könnten, wenn sie rollierend organsiert werden würden.

Auch fehlt die Klärung der Frage, ob Funktionen in der Schule gegen den Willen einer Teilzeitkraft übertragen werden können, wenn sie nicht in gleichem Umfang entlastet werden. Schließlich wird die Kollegin/der Kollege Teilzeit aus gutem Grund gewählt haben.

Bei Funktions- und/oder Beförderungsstellen muss geklärt wer- den, inwieweit die Teilzeitvergütung für die Stelle angemessen ist, wenn der Funktionstellen- oder Beförderungssstellenanteil voll erfüllt wird.

Das Informationsblatt, welches das Staatliche Schulamt zu den teilbaren und unteilbaren Dienstpflichten herausgegeben hat, ist zwar wichtig. Die Praxis/Befragung zeigt jedoch, dass die Vor- schläge zur Entlastung nicht immer zielführend sind. Auch ist die Verfügung nicht vollständig.

Am problematischsten an der Verfügung ist der bittere Nach- geschmack dieses Ansatzes, es ist eine Mission Impossible. Bestimmte Dienstverpflichtungen lassen sich nicht beliebig umverteilen oder umschichten. Sei dies bei Prüfungen, Konfe- renzteilnahmen oder Klassenfahrten usw. Hier sind Zwänge zu berücksichtigen, die weder von den Schulleitungen noch von den Kolleg*innen einfach wegverfügt werden können.

Das soll kein Freibrief sein - viel kann getan werden. Wenn Zeit nicht da ist, wäre ein erster Schritt (bei Klassenfahren beispiels- weise) der Ausgleich durch Geld für Teilzeitkräfte. Hier müssen aber klarere Vorgaben der Staatlichen Schulämter her und die Bereitschaft, bis an die Grenzen des Möglichen zu gehen.

Die Befassung mit dem Ergebnis der Befragung ist hier hilfreich und wird Basis der Verhandlungen mit dem Staatlichen Schulamt durch die GEW im GPRLL sein.

Die Perspektive

Eine wirkliche Lösung kann das aber alles nicht sein. Es wird ei- nen Restbestand an nicht teilbaren Dienstpflichten geben, der schwer wie Blei auf der Teilzeit lastet.

Dennoch wählen viele Kolleg*innen diesen Weg, weil sie einfach keine Vollzeit schaffen. Die bittere Erkenntnis ist, dass dies oft ein Weg ist, der vom Regen in die Traufe führt. Der Lohnzettel schrumpft und die Arbeit nimmt (jedenfalls im Verhältnis zum Gehalt) zu.

2015 hat sich nun das Bundesverwaltungsgericht mit diesem Umstand befasst und ein höchstrichterliches Urteil gefällt. „Teil- zeitbeschäftigte Beamte haben einen Anspruch (!!!) darauf, nicht über ihre Teilzeitquote hinaus zur Dienstleistung herangezogen zu werden. Deshalb dürfen teilzeitbeschäftigte Lehrer in der Summe ihrer Tätigkeiten nur entsprechend ihrer Teilzeitquote zur Dienstleistung herangezogen werden (!!!) .“ (Urteil des 2. Se- nats des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juli 2015)

Auffällig ist hier die klare Aussage, dass die Summe aller Tätigkei- ten (unterrichtliche und außerunterrichtliche) nicht mehr als den Teilzeitteil der Stelle einnehmen dürfen. Bei einer 50%-Teilzeit bedeutet dies: halbe Konferenzteilnahme, halbe Klassenfahrt, halber Korrektursatz. Der/die erfahrene Kolleg*in schreit gerade „Halt“ - und zwar zu recht. Handelt es sich doch bei den aufge- führten „Dienstleistungen“ um sogenannte nicht-teilbare Dienst- pflichten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich hier klar positioniert: Teilzeit ist Teilzeit und muss auch als Teilzeit vom Arbeitgeber umgesetzt werden. Es folgt damit der Praxis in der freien Wirt- schaft und der Gesetzeslage.

Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Dienstherrn auch eine realistische Möglichkeit zur Umsetzung dieser Maxime angebo- ten. Die Reduktion der Pflichtstunden über die Teilzeitquote hin- aus zur Erfüllung der nichtteilbaren Dienstpflichten.

Dies ist eine durch und durch logische Angelegenheit. Gibt es nicht-teilbare Dienstpflichten im außerunterrichtlichen Teil der Beschäftigung, können diese sinnlogisch nur durch entsprechen- de Reduktion in den teilbaren Dienstpflichten (auf null?) oder durch eine Stundenreduktion ausgeglichen werden.

Richtig wäre eine Nachsteuerung von Stunden in Systeme mit einem hohen Teilzeitfaktor für die Entlastung der Vollzeitkräf- te oder die individuelle Reduktion des Anteils der Pflichtstun- den bei Teilzeitbeschäftigung. Anders wird es in Anbetracht der Struktur des Arbeitszeitmodells von Lehrer*innen nicht gehen. Alles andere läuft - zumindest in Teilen - auf eine Teilzeitmogel- packung heraus.

Bei Nachfragen zum Thema wendet Euch bitte an Manon Tuckfeld oder René Scheppler.