Wording, ein schönes neues Wort für Sprachregelung

„Berichterstattung“ in den Medien über die Streiks der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) bei der Deutschen Bahn AG

Der Kreisvorstand Wiesbaden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verfolgt sehr genau die „Berichterstattung“ in den Medien – mögen es Tages- oder Wochenzeitungen, Fernsehnachrichten oder –magazine oder auch bestimmte Internetanbieter sein. Was sich hier und nun bereits seit Wochen als gedruckte, gesendete oder virtuelle „Berichterstattung“ und „Kommentierung“ tagtäglich, überall und homogen präsentiert, kann nur mehr eine unsägliche Hetze gegen die GDL genannt werden.  Die Hetze wird permanent in fast allen Medien betrieben und ist in einer Weise „einheitlich“ in der automatischen Abspulung immer derselben „Aussagen“, dass man schlimmste Assoziationen bekommt. Natürlich stellt sich die Frage, warum alle Moderatoren und Sprecherinnen und alle Journalistinnen und Verfasser unisono dieselben Worte vorbringen („Machtkampf“, „Machtkampf“). Der Chefredakteur der „Tagesschau“, Dr. Kai Gniffke,  beantwortete diese Frage damit, dass die Diktion dieser Nachrichtensendung wie auch die der „Tagesthemen“ mit  dem „Wording“ der Nachrichtenagenturen und der „Qualitätszeitungen“ übereinstimme. Das erklärt uns die Uniformität der verbreiteten Meinung – Wording, ein schönes neues Wort für Sprachregelung. 

Als eine Ausnahme in dieser medialen Einheitslandschaft möchten wir die „Frankfurter Rundschau“ erwähnen. Trotz eines Ausfalls im Stile einer üblen Meinungsmache, der vor einiger Zeit zu lesen war, hat diese Tageszeitung doch in der Wochenendausgabe vom 25/26.10.2014 auf der Titelseite einen deutlich differenzierenden Artikel und dann am 31.10.2014 einen kritisch abwägenden Leitartikel veröffentlicht.

Vielleicht ist es selbst noch den heutigen schnelllebigen und auf Personality und Sensation gestylten Medien möglich, sich zu erinnern. Dann könnte man vielleicht auch darüber berichten, welche Hetze die DGB-Gewerkschaften vor 30 Jahren erfahren mussten. 1984 versuchten die IG Metall und die damalige IG Druck und Papier, mit wochenlangen Streiks einen Einstieg in die 35-Stundenwoche durchzusetzen. Die damalige Hetze gleicht der heutigen fast bis aufs Wort, nur dass es vor dreißig Jahren noch nicht die Möglichkeit gab, per Mausklick allen die gleichen Statements auf die Bildschirme oder die Teleprompter zu spielen. 

Die IG Druck und Papier etwa wurde als kleine Organisation hingestellt, die sich an dem Grundrecht auf Pressefreiheit vergreife. Die paar Drucker unterdrückten die Meinungsfreiheit. Von dem damaligen Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (FDP) musste sich die Gewerkschaft als „IG Druck und Zensur“ bezeichnen lassen. Den Arbeitskampf der IG Metall – den längsten und härtesten Streik in der Geschichte der Bundesrepublik – bezeichnete Lambsdorffs Chef, der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), öffentlich als „absurd, töricht und dumm“. 

Aber vielleicht ist es ja auch so, dass die heutigen Medien in dem damaligen Vokabular noch einiges finden, was mit  dem Wording der Nachrichtenagenturen und der „Qualitätszeitungen“ übereinstimmt?