Wiesbaden besonders betroffen von Kosten für Hartz-IV-Aufstockung

Mindestlohn würde auch kommunale Kosten dämpfen

Nach einer aktuellen Auswertung der Agentur für Arbeit im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) ist Wiesbaden nach Offenbach die Stadt mit der höchsten Aufstocker-Quote im Rhein-Main-Gebiet. Als Aufstocker werden Beschäftigte bezeichnet, die aufgrund niedriger Einkommen zusätzlich Hartz IV beantragen müssen. Im Vergleich aller westdeutschen Kommunen liegt Offenbach auf Platz 1, Wiesbaden folgt auf Platz 7. Weit besser platziert sind Frankfurt am Main (Platz 28), Darmstadt (Platz 40) und Mainz (Platz 79).

Allein für die Betroffenen in Wiesbaden mussten dafür im Jahr 2012 rund 27 Millionen Euro an Steuermitteln aufgewendet werden, im Rheingau-Taunus-Kreis waren es rund fünf Millionen Euro. Diese Steuermittel waren notwendig, um Geringverdienern überhaupt das gesellschaftliche Existenzminimum garantieren zu können. „Die Armut von Beschäftigten verzerrt den Arbeitsmarkt und kommt uns alle als Steuerzahler teuer zu stehen – wir subventionieren mit unseren Steuern Geschäftsmodelle, die Hungerlöhne zahlen“, so Philipp Jacks, DGB-Kreisverbandsvorsitzender Wiesbaden-Rheingau-Taunus. 

Die Mietzahlungen für Hartz IV-Beschäftigte müssen größtenteils von den Kommunen geleistet werden: nach den DGB-Berechnungen wurde die Wiesbadener Kommunalkasse dadurch mit 18 Millionen Euro belastet, im Rheingau-Taunus-Kreis um weitere 3 Millionen. Der jetzt geplante Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde komme daher nicht nur vielen Geringverdienern zu Gute, sondern entlaste zugleich auch den Haushalt der Kommunen wie auch den Bund, so Jacks weiter.

Niedriglöhne und die oftmals hohen Mietkosten sind aus gewerkschaftlicher Sicht die wesentlichen Ursachen dafür, dass Beschäftigte in Wiesbaden überdurchschnittlich auf Hartz IV angewiesen sind. Aber auch das besonders hohe Verarmungsrisiko in einzelnen Branchen begünstigt dies. So ist das Hartz-IV-Risiko im Reinigungsgewerbe bundesweit etwa sechs Mal höher als in allen Branchen. Im Gastgewerbe sowie bei der Leiharbeit ist das Hartz-IV-Risiko etwa drei Mal höher als in der Wirtschaft insgesamt.

Das Hartz-IV-Risiko sozialversicherter Beschäftigten ist in Wiesbaden mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer und genau doppelt so hoch wie in Hessen insgesamt. Erstmals legt der DGB Daten vor, die zeigen, dass Beschäftigte in Wiesbaden ein deutlich höheres Verarmungsrisiko haben als in den Großstädten insgesamt.

Nicht berücksichtigt ist dabei die sog. Dunkelziffer erwerbstätiger Armer, die aus Scham oder Unwissenheit auf ihnen zustehende Hartz-IV-Leistungen verzichten.

Tabelle:

Sozialversichert Beschäftigte insgesamt sowie mit ergänzendem Hartz IV-Bezug, Juni 2013

 

  sozialversichert Beschäftigte insgesamt darunter mit ergänzendem Hartz IV-Bezug Anteil der Aufstocker an allen sozialvers. Beschäftigten in Prozent
Bund insgesamt 28.962.040 581.602 2,0
Westdeutschland 23.215.918 366.199 1,6
Ostdeutschland 5.746.122 245.403 3,7
Hessen 2.037.934 37.385 1,8
Kreisfr. Großstädte (D) 7.956.490 239.655 3,0
Kreisfr. Großstädte (West) 5.975.879 143.129 2,4
Wiesbaden 95.918 3.430 3,6
Rheingau-Taunus-Kreis 63.296 677 1,1
Offenbach 40.555 1.901 4,7
Frankfurt am Main 246.162 6.942 2,8
Darmstadt 51.094 1.270 2,5
Mainz 71.918 1.447 2,0

Quelle: DGB-Berechnungen nach BA-Statistik: Erwerbstätigkeit von erwerbsfähigen Arbeitslosengeld II-Beziehern