Wer wird KonrektorIn?

Warum sich niemand für die Übernahme einer Funktionsstelle als KonrektorIn oder RektorIn finden lässt

Die einzigen beiden Stufen einer kurzen Karriereleiter für eine Grundschullehrerin oder einen Grundschullehrer sind die Übernahme einer Funktionsstelle als KonrektorIn oder RektorIn, wenn man mal von einer DezernentInnenstelle im Schulamt absieht.

Mittlerweile ist kaum jemand mehr bereit, diesen Weg einzuschlagen - niemand aus dem Kreis der Kolleginnen, die eine feste Beamtenstelle haben. Die Gründe liegen auf der Hand: 

  • enorme Arbeitsbelastung 
  • absolute Verantwortlichkeit nach allen Seiten 
    - gegenüber den Vorgesetzten im Schulamt, 
    - gegenüber dem Kollegium, 
    - gegenüber den Eltern. 
  • eine riesige Spannbreite im Aufgabenfeld: 
    - Verwaltung von Finanzmitteln, 
    - Einstellung von Vertretungskräften 
    - Umsetzen von Innovationen

Zur Erfüllung dieser Aufgaben steht eine Entlastung von 6 Wochenstunden für KonrektorInnen und Wochenstunden für RektorInnen zur Verfügung - streng nach Größe der Schule gestaffelt. Der Zuverdienst im Gehalt beläuft sich auf ca. 120 € monatlich für eine KonrektorIn an einer großen Grundschule (mit mehr als 350 SchülerInnen). Der Rektor bzw. die Rektorin einer Grundschule erhält nicht viel mehr als dasselbe Gehalt wie ein Berufsanfänger im gymnasialen Bereich. 

So weit - so schlecht. 
Nun gibt es noch einen anderen Missstand im System der Grundschule und bei der Kombination wird es interessant. Obwohl sehr viele Unterrichtsstunden vertreten werden müssen, gibt es keine zusätzliche Berechnung der Vertretungsstellen. Wie bekannt, ist der Anteil der Frauen im Bereich der Grundschule besonders hoch, eine bestimmte Anzahl der Beamtinnen befindet sich im Mutterschutz oder in der Elternzeit. Auch der Faktor der Überalterung in den Kollegien kann eingeplant werden. Viele KollegInnen fallen durch längerfristige Erkrankung aus. Auf die Anzahl aller LehrerInnen in Hessen sind diese Fehlzeiten durchaus berechenbar. Es wird aber so getan, als sei jeder Krankheitsfall völlig unvorhersehbar und die einzige Möglichkeit, die ausfallenden Stunden zu vertreten, besteht darin, eine Lehrkraft mit einem Angestelltenvertrag kurzfristig und für eine kurze Frist einzustellen. Die Personen, die dazu bereit sind so einen Angestelltenvertrag zu unterzeichnen, arbeiten dann unter denkbar ungünstigen Bedingungen. Selbst wenn sie an einer Schule fest für mehrere Schuljahre eingeplant sind, wurde ihnen bis dato zum Schuljahresende gekündigt, damit die Agentur für Arbeit die Lohnzahlung übernimmt. Wenn sie dann zum Beginn des nächsten Schuljahres wieder eingestellt werden, hat das Land Hessen 6 Wochen Lohnzahlung gespart, die Sozialkasse musste die Kosten übernehmen und die Lehrkräfte haben einen fürchterlichen Verwaltungsaufwand abzuwickeln. Es wird ihnen nicht zugestanden, sich in den Sommerferien auf die neuen Aufgaben in der Schule vorzubereiten, wie es von jeder Beamtin und jedem Beamten im Schuldienst erwartet wird. Nach langen Verhandlungen und Klagen vor Gericht musste das Hessische Kultusministerium diese Praxis zu Gunsten der Angestellten verändern, allerdings sind noch viele Bedingungen zu erfüllen, bevor die Sommerferien vom Land Hessen bezahlt werden. 

Ausdrücklich ist es den Vertretungskräften untersagt, eine Klassenführung zu übernehmen. De facto ist der Einsatz an den Grundschulen meist gar nicht anders möglich. Oft gibt die Rektorin/der Rektor pro forma die Unterschrift auf den Zeugnissen, die Arbeit der Klassenführung liegt selbstverständlich bei der angestellten Vertretungskraft.

Natürlich hoffen viele dieser KollegInnen, die zu diesen Bedingungen arbeiten, auf eine feste Planstelle. Was liegt also näher, als sich auf die unliebsamen Funktionsstellen der KonrektorInnen zu bewerben? Auch hier wieder eine ungedankte Aufgabe, viel Verantwortung für wenig Geld – das kennen die BAT-Kräfte ja schon. 

Wie stellt sich aber diese Situation für die Kollegien dar? 
Die Schulleitung bekommt von Seiten der Politik ständig mehr Entscheidungsbefugnisse zugesprochen. In Jahresgesprächen sollen sie KollegInnen führen, motivieren, anleiten. Wie soll das einer Lehrkraft möglich sein, die offiziell während 2 oder 3 Jahren als Vertretungskraft noch nicht mal eine Klassenführung übernehmen konnte?

Im Sinne von Qualität und Bestenauslese für Leitungsfunktionen fordert die GEW für die Einstellung einer Konrektorin oder eines Konrektors den Nachweis von beruflicher Erfahrung in der Schule und gute Kenntnisse im Personalvertretungsgesetz. Unser Ziel ist es, kompetente Schulleitungen installiert zu wissen. Die Arbeitsbedingungen und die Wertschätzung, die sich in der Entlohnung ausdrückt, müssen dringend geändert werden. Dass eine Veränderung mit finanziellen Anreizen auch kurzfristig möglich ist, zeigt die Aktion des Kultusministeriums „Lehrer nach Hessen“. Dort wurden verschiedenen Personen, die keine pädagogische Ausbildung haben, Stellen an Schulen angeboten – es musste nur ein Mangelfach mit der Einstellung abgedeckt werden. Diese „Quereinsteiger“ sollen von KollegInnen angelernt werden (ohne eine Entlastung der KollegInnen!) und bekommen sofort ein normales Gehalt im Sinne des BAT. Mit einem Gehalt der Größenordnung für ReferendarInnen hätte niemand sich dazu bereit erklärt diese Aufgaben zu übernehmen. Das war dem Ministerium sofort klar, also gab es finanzielle Anreize.

Natürlich ist die GEW Fraktion im Gesamtpersonalrat immer bereit einer Einstellung einer Kollegin bzw. eines Kollegen zuzustimmen, der/die sich als geeignet erweist und an der Schule willkommen ist.