Solidaritätsbotschaft zum Europäischen Aktionstag am 14. November 2012

Resolution des DGB Bundesvorstandes zur Situation in den Krisenländern

"Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise dauert mittlerweile fünf Jahre an. Vor allem in Südeuropa leiden die Menschen unter einer Krise, die sie nicht verschuldet haben. Es sind in erster Linie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die Last der Krise zu tragen haben, während man die Krisenverursacher in den Finanzzentren und die Besitzer großer Vermögen ungeschoren davon kommen lässt.

Die einseitige und rigorose Sparpolitik verschärft die Krise und führt zu unzumutbaren Belastungen für die Beschäftigten. Sie fürchten um ihre Arbeitsplätze, wenn sie sie nicht schon verloren haben. Die Arbeitslosigkeit ist kontinuierlich gestiegen, vor allem die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist eine schwere Hypothek für die betroffenen Länder. Löhne werden gesenkt, Arbeitnehmerrechte ausgehebelt, Renten und Sozialleistungen gekürzt, obwohl die Menschen den sozialen Schutz in der Krise mehr denn je brauchen.

Arbeitnehmerrechte sind elementare Grundrechte. Wir verurteilen die Angriffe auf die Tarifautonomie und den Abbau von Arbeitnehmerrechten. Wir brauchen nicht weniger Rechte, nicht weniger Schutz für die Beschäftigten, sondern mehr Demokratie, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit.

Statt Europa kaputt zu sparen brauchen wir solidarische Krisenlösungen und ein Programm für Wachstum- und Beschäftigung. Dabei geht es nicht nur um die Arbeitsbedingungen und Perspektiven der Kolleginnen und Kollegen in Spanien, Griechenland, Irland oder Portugal. Die Krise macht nicht an nationalen Grenzen Halt. Wenn Arbeitnehmerrechte europaweit geschwächt werden und die Nachfrage weiter einbricht, dann kommt sie früher oder später auch bei uns an.

Das Fundament der Europäischen Integration ist das gemeinsame Bekenntnis zu einem demokratischen und sozialen Europa. Dazu gehören starke Betriebsräte und Gewerkschaften, der Schutz der Tarifautonomie und die Einhaltung elementarer Arbeitnehmerrechte. Nur wenn wir zusammenhalten, können wir die unzumutbaren Sozialkürzungen und den Abbau von Arbeitnehmerrechten stoppen. Wir setzen uns gemeinsam für ein faires, demokratisches und soziales Europa ein und übermitteln den Kolleginnen und Kollegen in allen europäischen Ländern unsere besondere Solidarität. (Beschluss des Geschäftsführenden Bundes Vorstandes vom 29.10.12)"

Anmerkung:

Solidarität mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Alten, Jugendlichen ohne Ausbildung und Arbeit? Unbedingt! 

Was aber sind "solidarische Krisenlösungen"? Für wen oder was sollen wir die Krise lösen? Für dieses menschenverachtenden System namens Kapitalismus und seine Befürworter? Vertrauen wir Politikern, die uns diese "Krisen" beschert haben und uns noch tiefer hineinreiten? 

Das "deutsche Erfolgsmodell" soll allen EU-Ländern aufgedrückt werden. Gemeint ist Schröders/Fischers Agenda 2010, die die Sozialsysteme und den Arbeitsmarkt deformierte. Das bedeutet für die abhängig Beschäftigten in diesem Land prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Dumpinglöhne, Bildungs- und Altersarmut. Infolge sanken in Deutschland die Reallöhne zwischen 2000 und 2008 in anderen EU-Ländern nicht. Der hohe Produktivitätszuwachs wurde und wird bei uns nicht mehr an die lohnabhängigen Beschäftigten weitergegeben. Die Löhne werden weiter herab- und die Arbeitszeiten hochgesetzt.

Dieses "Erfolgsmodell" muss umgedreht werden. Die prekären Beschäftigungsverhältnisse sind zu verbieten. Die Arbeitszeiten und die Lebensarbeitszeit sind (bei vollem Lohnausgleich) erheblich zu reduzieren. Die Renten müssen erhöht werden. Um solche Forderungen durchsetzen zu können, müssen wir uns mächtig ins Zeug legen, Aufklärung betreiben und endlich auch in diesem Land einen Generalstreik einsetzen. Denn "unsere" Handelsbilanzüberschüsse sind die Kehrseite der Handelsbilanzdefizite der südeuropäischen Krisenländer.

Es wird Zeit, dass die DGB-Funktionäre sich von der sozialdemokratischen und grünbürgerlichen Bevormundung frei machen. Nur wenn wir im eigenen Land demokratischen Verhältnisse, die den Namen verdienen, herstellen, sind wir für die südeuropäischen Krisenländer spürbar solidarisch. (Thomas Eilers, GEW Wiesbaden)