Schulfrieden?

noch lange - nicht in Sicht

„Wenn gegen den erklärten Willen der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Eltern eine Umwandlung in ein G9-Gymnasium nicht gelingt, dann liegt der Fehler im System“, so der Vorstand der GEW-Wiesbaden.

Trauriger Beleg für diese Feststellung ist die Abstimmungsniederlage von Lehrern und Eltern in der Schulkonferenz des Gutenberggymnasiums, die sich mit der Umwandlung von G8 in G9 befasste. Diese Schulkonferenzentscheidung fiel, obwohl sich zuvor die Gesamtkonferenz mit 70 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer und eine Mehrheit der Eltern der Schule für G9 ausgesprochen hatten. Das System sieht aber vor, dass sich in der Schulkonferenz nicht nur eine einfache, sondern eine 2/3-Mehrheit für den Wechsel aussprechen muss. Auch gibt es keine Vorgaben, dass sich die in der Schulkonferenz vertretenen Lehrer - wie auch der Schulleiter - an die Beschlüsse der Gesamtkonferenz zu halten haben.

So kann, gemäß der Vorgaben der Landesregierung, gegen den erklärten Willen einer Mehrheit der Schulgemeinde die Schulkonferenz ihre ganz eigene Politik machen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt und den Schluss zieht, dass genau das gewollt war. „Den Eltern wird gesagt, dass eine Rückkehr zu G9 möglich sei, wenn die Eltern nur wollten und die Lehrer ebenfalls überzeugt seien. In Wirklichkeit aber ist das System so gebaut, dass Mehrheitshürden so hoch gelegt sind, dass G8 erhalten bleibt. Die von der Landesregierung versprochene Wahlfreiheit ist eine Mogelpackung“, so die ernüchternde Feststellung des KV Wiesbaden der GEW. Dass dennoch viele Schulen in Hessen G9 an allen Hürden vorbei wieder eingeführt haben, zeigt wie groß der Wunsch von Eltern, Lehrern und Schülern ist, die Fehlentscheidung G8 zu revidieren.

Die Situation, in der bei den letzten Schulwahlen 150 Wiesbadener Schülerinnen und Schülern der Wunsch, in ein G9 Gymnasium zu kommen, nicht erfüllt werden konnte, zeigt, dass es eines schulpolitischen Blickes und entsprechender Entscheidungen bedarf, die neben der Entscheidungsfindung in der einzelnen Schule auch den Bedarf an G9 Plätzen im Blick hat. Anderenfalls sind naturgemäß gerade die Eltern am wenigsten beteiligt, für die die Umstellung am wichtigsten ist, nämlich die Eltern der derzeitigen Grundschulkinder.

In 2013 sind in Wiesbaden zusätzliche Klassen an denjenigen Gymnasien eingerichtet worden, die bereits letztes Jahr sich in G9-Schulen umgewandelt haben. Diese Kompensation soll für das Schuljahr 2014/15 nicht mehr angeboten werden, obwohl die Gesamtmenge der Schüler, die aus der Grundschule wechseln, größer geworden ist. So ist zu befürchten, dass der Leidensdruck noch deutlicher wird, noch mehr Schülern der Weg in einer G9-Schule verwehrt wird. Die angebliche Wahlfreiheit, die die schwarz-grüne Landesregierung behauptet, ist damit – jedenfalls in Wiesbaden – eine Farce.

Wiesbaden benötigt nicht nur die Umwandlung des Gutenberggymnasiums in ein G9-Gymnasium, sondern zwei weitere G8-Gymnasien müssten G9-Gymnasien werden, um dem Elternwunsch Genüge zu tun.

Vor diesem Hintergrund erwartet die GEW, dass dem Votum der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Eltern in einer erneuten Entscheidung in der Schulkonferenz der Raum eingeräumt wird, der ihr gebührt und dass das Gutenberggymnasium ein G9-Gymnasium wird.

Schulpolitisch neu zu überdenken ist allerdings der Trend. Wenn alle auf das Gymnasium wollen, ist das Gymnasium vielleicht keines mehr, sondern faktisch eine integrierte Gesamtschule. Allerdings nur faktisch und nur in den ersten Jahr- gangsstufen, da viele Gymnasium den Prozess durch Rückversetzungen in andere Schulformen (IGS oder Realschule) entgegensteuern. In Summe ist dies der falsche Weg. Es sollte sich viel später als nach der 4. Klasse entscheiden, welchen Abschluss ein Kind anstrebt und erreichen kann. Zudem sollte auch danach die Offenheit für spätere Entwicklungen nicht behindert werden. Die einzige Schulform die diese Offenheit hat, ist eine integrierte Gesamtschule, die das Abitur als möglichen Abschluss anbietet, es aber nicht zum einzigen Ziel hat.