Lobbyismus an Wiesbadener Schulen

Kritik der GEW an Geldlehrer

Erneut ist in Wiesbaden ein Fall von "Lobbyismus an Schule" offenbar geworden. Der Wiesbadener Kurier berichtete am 11. Mai 2016 über die Aktivität des Vereins Geldlehrer e.V., welcher eigens geschulte Finanzberater in Schulen schickt. Dort übernehmen sie über einen längeren Zeitraum den Unterricht - wie die Journalistin feststellte auch ohne Anwesenheit einer richtigen Lehrkraft.

Die GEW Wiesbaden sieht dies sehr kritisch (René Scheppler)

Die GEW Wiesbaden sieht die Aktivitäten des Vereins „Geldlehrer“ sehr kritisch. Wir ordnen diese und vergleichbare Initiativen in das Themenfeld der „Ökonomisierung der Bildung“ und hier speziell des „Lobbyismus in Schule“ ein. In Übereinstimmung mit den Untersuchungen von Prof. Tim Engartner (Didaktik an der Goethe Uni Frankfurt) ergeben sich aus derartigen Einflussnahmen folgende Probleme: Es schadet der Reputation des Lehrerberufs, unterminiert den staatlichen Bildungsauftrag und privilegiert finanzstarke Interessengruppen. Wir schließen uns ebenso der kritischen Stellungnahme der Bundeszentrale Verbraucherschutz an und stellen fest, dass die so genannten „Geldlehrer“ mit der Möglichkeit der direkten Einflussnahme arbeiten. Unterricht soll dabei unmittelbar übernommen werden, die Schulen sollen für „mindestens zwei positive Artikel in der Lokalpresse über den jeweiligen Finanzdienstleister sorgen“ (http://www.vzbv.de/sites/default/files/downloads/Verbraucherbildung-Analyse-Unterrichtsmaterialien-vzbv-2014.pdf) und es wird versucht, die Kinder als werbende Mittelsleute gegenüber den Eltern einzusetzen. Bildung sollte aus Sicht der GEW Wiesbaden ein gesellschaftliches Gut im demokratischen Konsens bleiben und nicht zum Spielball finanzstarker Lobbygruppierungen - wie z.B. des Vereins „Geldlehrer“ bzw. deren angegliederten Finanzinstitute/-dienstleister-, die den Bildungsmarkt als Zukunftsmarkt für ihre einseitigen Interessen begreifen und nutzen möchten.

Auch der den Artikel im Kurier ergänzende Kommentar von Nele Leubner ist eindeutig

Und genau diese diffuse Motivation der Geldlehrer prangern Verbraucherschützer und Lehrergewerkschaft zu Recht an: Freie Finanzberater leben von der Beratung und Verkaufsprovisionen. Im Unterricht dürfen sie keine Visitenkarten verteilen, die Beeinflussungkann aber viel subtiler erfolgen. Gerade Finanzberater können mit Worten umgehen. Dass sie als Geldlehrer das Image des eher negativ besetzten Berufsbilds aufpolieren wollen, spätere Kunden anwerben oder Eltern als Kunden gewinnen möchten - auszuschließen ist das nicht. Neutralität aber scheint im Fall der Geldlehrer ausgeschlossen zu sein Und deshalb sollten sie auch nicht ober Monate hinweg vor Schulklassen stehen — denn dafür gibt es in Deutschland Lehrer.