Leserbrief zum Beitrag von P. Hanack

vom 10.09.2009: Geldspritze für Privathochschule

Wiesbadens "Jamaika-Koalition" (CDU, FDP, GRÜNE) finanziert private Fachhochschule - für die Sanierung öffentlicher Schulen ist kein Geld mehr da

Sehr geehrte Damen und Herren,
 
die GEW-Wiesbaden freut sich, dass nun auch die FR hessenweit kritisch über die Alimentierung der European Business School (EBS) berichtet. Dabei handelt es sich um eine eng aufgestellte, eigentlich rein private BWL-Schule, die vom Land Hessen und der Stadt Wiesbaden vorläufig mit 35 Millionen Euro aus Steuermitteln unterstützt wird, damit Wiesbaden sich demnächst als Universitäts-Stadt präsentieren kann, falls die EBS es schafft, noch eine juristische Fakultät in Wiesbaden zu eröffnen. Dabei ist zu beachten, dass in Mainz und Frankfurt bereits renommierte juristische Fakultäten beheimatet sind und mittlerweile der Finanzrahmen eher bei 50 Millionen Euro liegt, denn das Land Hessen wird - nach Informationen der Frankfurter Rundschau vom 17.07.2009 - zusätzlich die Sanierung des alten Gerichtsgebäudes und eine Tiefgarage spendieren.
 
Parallel dazu schlägt auch in Stadt und Land die Finanzkrise tiefe Löcher in die Haushalte, so dass schon jetzt absehbar ist, dass wichtige Schulsanierungsmaßnahmen aus Geldmangel nicht durchgeführt werden können.
 
Als Kreisvorstand der Wiesbadener Bildungsgewerkschaft (GEW) sehen wir unsere Befürchtungen bestätigt, dass die Hauptakteure, die Stadt Wiesbaden, das Land Hessen und das EBS-Bündniss (OB Dr. Müller, Finanzminister Weimar und der Präsident der EBS, Prof. Dr. Jahns), noch immer die Katze im Sack verstecken und sich um die Offenlegung der EBS-Gesamtfinanzierung drücken.
 
Seit Monaten fordert die GEW-Wiesbaden in diesem Zusammenhang:
 
1. die vom Oberbürgermeister öffentlich zugesagte - aber bisher offensichtlich hintertriebene - Offenlegung aller Verträge der Stadt Wiesbaden mit der EBS, wie Kooperations-, Zuschussverträge und Nebenabreden, die finanziell für die Stadt wirksam werden können.

2. die Berechnung und Veröffentlichung der Gesamtfinanzierung für die Stadt Wiesbaden vor dem Hintergrund der aktuell bestehenden vertraglichen Verpflichtungen.

3. die Offenlegung der finanziellen Verpflichtungen/Zusagen des Landes Hessen im Hinblick auf die EBS-Ansiedlung sowie die Errichtung einer juristischen Fakultät in der Landeshauptstadt Wiesbaden.

4. gemeinsam mit der Fachhochschule Wiesbaden eine öffentliche Veranstaltung zu dieser Thematik, damit sich endlich auch die Wiesbadener Bevölkerung ein ungeschminktes Bild der bildungs- und finanzpolitischen Konsequenzen dieser Subventionierung einer privaten BWL-Schule machen kann.
Dabei wäre u.a. auch zu prüfen, inwieweit diese  Alimentierung gegen Art. 7,4 des Grundgesetzes verstößt, wonach bei Privatschulen eine "Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern..." untersagt ist. Bei EBS-Studiengebühren von 12.000,--€/ pro Jahr ist diese 'Sonderung' aber bereits Realität.
 
Im Übrigen ist die GEW-Wiesbaden - aufgrund der vielfältigen EBS- und auch PPP-nahen Funktionen des Oberbürgermeisters - der Auffassung, dass Dr. Müller bei diesem Themenfeld nicht mehr zu einer unvoreingenommenen, unparteiischen Amtsführung in der Lage ist.

Frankfurter Rundschau