Landesschulamt im Niedergang?

Das Landesschulamt hat im April eine „Online-gestützte landesweite Befragung zu Belastungen und Wohlbefinden von Lehrerinnen und Lehrern“ in Umlauf gegeben.

Den Historikern unter unseren Kolleginnen und Kollegen ist bekannt, dass der Untergang großer Reiche sehr oft mit einer Krise ihrer Institutionen beginnt. Es verdient daher Beachtung, wenn das Landesschulamt, dessen Gründung ja selbst schon Ausdruck einer krisenhaften Situation war, nach so kurzem Bestehen schon völlig durchgeknallt zu sein scheint.

Das Landesschulamt hat im April eine „Online-gestützte landesweite Befragung zu Belastungen und Wohlbefinden von Lehrerinnen und Lehrern“ in Umlauf gegeben, die es von der Universität Gießen, Fachbereich 06, Psychologie und Sportwissenschaft, hat erstellen lassen. Sobald diese Umfrage dem Hauptpersonalrat und dem Gesamtpersonalrat bekannt wurde, gingen die Wellen hoch. Kritisiert wurde insbesondere, wie intensiv die Kolleginnen und Kollegen darüber interviewt werden sollen, wie oft sie alkoholische Getränke zu sich nähmen. Das will der große Bruder aber ganz genau wissen. „Wie viel trinken Sie typischerweise an einem Tag?“ „Wie oft haben Sie sich während der letzten 12 Monate nicht mehr an den vorangegangenen Abend erinnern können, weil sie getrunken haben?“ Wir aber erinnern uns an den vorangegangen Abend eher deshalb weniger gerne, weil das mal wieder ein Elternabend war. Sorgen bereitet dem Amt überdies der Verlust an sexuellem Interesse. „Sind Sie durch folgende Beschwerden beeinträchtigt? (…) Schmerzen beim Geschlechtsverkehr?“ Das ist nur folgerichtig, wo wir vor kurzem schon unterschreiben sollten, dass wir dem Hessischen Datenschutzbeauftragten Zutritt zu unseren Privatgemächern und unserer privaten EDV gewähren, die wir alle gezwungenermaßen dienstlich nutzen. Dass sich die Fürsorgepflicht des Dienstherrn indes auf die Schlafzimmer ausdehnt, das ist neu

Auf die schleichende Krise der Institutionen deutet weiterhin, wie primitiv zusammengeschustert die Umfrage des Landesschulamts ist. Denn kommen wir zur Ursache aller unserer Beschwerden, so ist das in der kapitalistischen Gesellschaft die Reduktion der Mitmenschlichkeit auf „die gefühllose bare Zahlung“, um es mit dem „Kommunistischen Manifest“ zu sagen. In einer entfremdeten Form hat sogar eine neoliberal gestylte Landesbehörde davon schon etwas gehört. Zu Beginn der Umfrage sollen wir unsere gefühlte Einschätzung darüber preisgeben, ob wir an bestimmten „Ressourcen“ gewonnen oder verloren hätten. So etwa an „Geld, um sich etwas gönnen zu können“, an „angemessenem Gehalt“, an „Gespartem/‘Notgroschen‘“.  Was Letzteres anbetrifft, ist das keine Sache des Gefühls. Wer seinen „Notgroschen“ konservativ angelegt hat, weiß zuversichtlich, wie er oder sie gerade durch die Niedrigzinspolitik enteignet wird. Aber wir sind ja auch keine Bank, sondern leisten nur einen „effektiven Beitrag für das Unternehmen“ Schule – oder auch nicht. Geld, „um uns auch mal etwas gönnen“ zu können, hätten wir freilich dann, wenn wir ein „angemessenes Gehalt“ bezögen und nicht noch wie bei der gerade abgeschlossenen Tarif- und Besoldungsrunde wieder einmal vergackeiert worden wären. Dann gönnten wir uns des Abends auch gerne mal ein Gläschen, gerne auch mal von einem etwas feineren Wein à la Peer Steinbrück, und wüssten am nächsten Morgen doch noch, was wir in der Klasse X gerade eben  durchnehmen wollten.