Hochschulstandort Wiesbaden stärken - Fachhochschule stärken!

Redebeitrag des Stadtverordneten Hartmut Bohrer, Fraktionsvorsitzender

Redebeitrag des Stadtverordneten Hartmut Bohrer, Fraktionsvorsitzender, zum Antrag der SPD-Fraktion "Hochschulstandort Wiesbaden stärken - ohne zusätzliche städtische Mittel für die Europaen Business School (EBS)" (TOP 6) in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 14. Mai 2009 (Es gilt das gesprochene Wort.)

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,  sehr geehrte Damen und Herren, 

es ist schon erstaunlich, welche Verrenkungen die schwarz-grün-gelbe Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung unternimmt, um etwas durchzusetzen, für das es in der Stadt keine politische Mehrheit gibt. 

In Zeiten wie diesen, in denen wir in unserer Stadt einen ungeheuren öffentlichen Sanierungsstau und Investitionsbedarf – gerade auch in öffentlichen Bildungseinrichtungen – haben, sollen weitere städtische Millionen für eine Privathochschule locker gemacht werden. Im Landeshaushalt 2009 wurden bereits Fakten geschaffen. Es heißt dort: "Der Gerichtsstandort Albrechtstraße/Moritzstraße in Wiesbaden soll zur Aufnahme der rechtswissenschaftlichen Fakultät der European Business Scholl (EBS) baulich entwickelt werden. Der Aufwand des HI (Hessisches Immobilienmanagement) zur Vorbereitung und Durchführung dieses Projektes wird der EBS nicht in Rechnung gestellt." Im Landeshaushalt 2009 ist bereits ein Betrag von bis zu 1 Million dafür bereitgestellt. 

Nachdem mit den Stimmen der Koalition und auch der SPD schon Millionen für die European Business School aus dem städtischen Haushalt bereitgestellt wurden, sollen nun weitere 10 Millionen fließen. Erfreulich ist, dass nun auch die SPD nicht länger bereit ist, dieses städtische Sponsoring fortzusetzen für eine Privathochschule, die mit einem unsozialen, finanziellen Numerus Clausus für Exklusivität sorgt. Wir werden deshalb dem heutigen SPD-Antrag zustimmen. 

Gegen den Widerstand von CDU und FDP wurde in Hessen die Abschaffung der Studiengebühren durch die Studierendenbewegung und ihre Bündnispartner erkämpft. Auch die Linke Liste hat dazu ihren solidarischen Beitrag geleistet. Da werden wir doch ganz gewiss jetzt nicht zustimmen, mit städtischem Geld eine Privathochschule zu fördern, die jährlich Studiengebühren von   mehreren Tausend Euro erhebt. 

Schon in der Diskussion um die Studiengebühren haben wir deutlich gemacht: Wir sind daran interessiert, dass in Wiesbaden mehr Studierende arbeiten und leben, das ist gut für unsere Stadt. Das ermöglicht Kooperationen zwischen der Stadt und den Hochschulfachbereichen, wie sie in der Vergangenheit ja schon zahlreich mit der Fachhochschule stattgefunden haben. Das könnten wir weiter ausbauen. 

Stellen wir uns mal vor, die Stadt Wiesbaden gäbe nur einen Teil dieser für die EBS vorgesehenen Millionen aus für gemeinsame Projekte mit der öffentlichen Hochschule, der Fachhochschule Wiesbaden; z.B. für solch ein Projekt wie die Einrichtung eines Deutschen Fernsehmuseums, zu dem ja bereits aus der Fachhochschule hervorragende architektonische und gestalterische Vorschläge entwickelt wurden. Ich erinnere dabei auch an die großartige Ausstellung zur deutschen Fernsehgeschichte. 

Mit Vertiefung der Wirtschaftskrise, der Entwicklung von spürbaren Steuerausfällen und dem Anstieg von Sozialausgaben durch Kurzarbeit und Entlassungen und somit einer Schwächung der Kaufkraft wird der finanzielle Gestaltungsraum auch in Wiesbaden enger werden. Vielleicht haben wir noch bis zur Bundestagswahl eine Schonfrist. Aber schon bald werden die für "Bad Banks", für Abwrackprämie und andere Konjunkturmaßnahmen verausgabten Milliarden wieder eingesammelt werden und das wird auch im Haushalt der Landeshauptstadt Wiesbaden zu spüren sein. 

Auch deshalb ist das großzügige Sponsoring der EBS unverantwortlich. Wir lehnen deshalb den EBS-Förderantrag von CDU, Grünen und FDP ab. 

 Hartmut Bohrer, Fraktionsvorsitzender