Hessen-CDU verschiebt UN- Konvention

... auf den Sankt-Nimmerleins-Tag

Die CDU in Hessen ist allen Ernstes zwei Jahre nach Ratifizierung der „UN- Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen“ der Meinung, ein inklusiver Unterricht gemäß dieses Übereinkommens sei frühestens in 15-20 Jahren erreichbar.

In Hessen existiert der Gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülerinnen und Schülern seit ca. 25 Jahren und hat sich – auf niedrigem zahlenmäßigen Niveau – erfolgreich etabliert. Und da soll es noch 15-20 Jahre dauern, bis dies zum Regelfall werden kann? Denkt man an das Turbo-Tempo vieler hessischer Reformen (G8, „Selbständige Schule“, neue Schulgesetze, Schulinspektionen…..) darf man getrost feststellen, dass die Umsetzung dieses Menschenrechts der hessischen Landesregierung so gar nicht am Herzen liegt. Zum Vergleich: Hessen beschult (bei einer Förderquote von 5 %) 12,3 % aller behinderten Schülerinnen und Schüler in einer allgemeinen Schule, Brandenburg 36,5 %, Berlin 41,3 %, Schleswig-Holstein 45,5 %. Hessen liegt ebenfalls deutlich unter dem bundesrepublikanischen Durchschnitt von 20,1 %. (Quelle: Berechnungen der GEW)

Zu der anhaltenden hessischen Verweigerungshaltung einer glaubhaften inklusiven Schulpolitik gegenüber zwei Zitate von Ute-Erdsiek-Rave, ehemalige Schulministerin in Schleswig-Holstein:

„Inklusion ist keine organisatorische Aufgabe und keine Last, sondern eine Leitidee, die dem sozialen Leben an den Schulen gut tut“ und „Inklusion ist keine beliebige Reformidee, die man gut finden oder auch ablehnen kann. Sie muss umgesetzt werden und das geht nicht kostenlos.“

Der Vorstoß der hessischen Grünen ("Grüne fordern Normalität für Behinderte“ - Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 17.2.11 zum Änderungsantrag der hessischen Grünen zum neuen Schulgesetz) in dieser Sache ist natürlich sehr zu begrüßen. Aber auch ihnen würde ich empfehlen, mit Vorstellungen und Zahlen etwas mutiger umzugehen und sich beispielsweise über die Umsetzung des inklusiven Unterrichts in anderen Bundesländern zu informieren (Bremen, Schleswig-Holstein….). Warum wollen sie noch 6 weitere Jahre warten, bis dies auch in Hessen möglich sein soll? Ist es nicht gerade die Aufgabe der Opposition, Versäumnisse der Landesregierung klar zu benennen und zukunftsweisende Konzepte zu entwickeln? Auch die Idee, Schwerpunktschulen einzurichten, wäre kritisch zu hinterfragen, zumindest was den Unterricht in Grundschulen anginge. Denn Geld kostet es in der Tat, die von der Bundesrepublik eingegangenen Verpflichtungen in Hinblick auf die UN- Konvention umzusetzen.

Frankfurter Rundschau