Geheime Verträge?

Die Stadt Wiesbaden und die European Business School

Seit Wochen fordert die Lehrergewerkschaft GEW-Wiesbaden von Oberbürgermeister Dr. Müller die Offenlegung der vertraglichen Vereinbarungen mit der privaten European Business School (EBS) in Oestrich-Winkel.

Nun haben wir zu unserer Freude kürzlich aus der Frankfurter Rundschau erfahren, dass nach Ansicht von Dr. Müller der Kooperations- und Zuschussvertrag der Stadt Wiesbaden mit der EBS bereits einsehbar sei.

Das Wiesbadener Rechtsamt sieht das allerdings völlig anders und ist lediglich bereit, interessierten BürgerInnen eine dürftige Presseerklärung zu dem aktuellen Vertragswerk zur Verfügung zu stellen.

Die GEW-Wiesbaden fragt sich, weshalb es offensichtlich nicht gewünscht wird, diesen Vertrag den SteuerbürgerInnen offenzulegen. Warum diese Geheimniskrämerei ... was soll möglicherweise nicht öffentlich diskutiert werden? Gibt es etwa weitreichende Nebenabreden?

Offiziell wurde den Wiesbadener BürgerInnen mitgeteilt, dass die Stadt für die Unterstützung der EBS über 3 Millionen. Euro für 15 Jahre zur Verfügung stellt. Voraussetzung dafür ist u.a. angeblich die Ansiedlung von drei akademischen Fachbereichen bis spätestens 2010.

In der FR vom 6./7. September 2008 ließ EBS-Rektor Dr. Jahns endlich die Katze aus dem Sack. Das angestrebte zweite Standbein 'Business Law Institute' (hessisch: Rechtswissenschaften) verschlingt in den ersten acht Jahren 150 Millionen Euro. Davon seien bereits 125 Milionen Euro durch Unternehmens- und Privatspenden sowie Studiengebühren (12.000 Euro pro Jahr) gedeckt. Die restlichen 25 Millionen (lt. FR) erbettelt die EBS als Zuschuss vom Land Hessen. Im Wiesbadener Kurier ist mittlerweile von 30 Millionen Euro als Anschubfinanzierung (Zuschuss vom Land Hessen) sowie weiteren Investitionskosten von 90 Millionen Euro die Rede, die von der privaten EBS selbst "gestemmt" würden.

In der aktuellen bildungspolitischen Diskussion wird es mittlerweile auch europaweit als Skandal bezeichnet, dass Bildungschancen junger Menschen in Deutschland zunehmend vom sozialen Status ihres Elternhauses abhängig sind. Die verfassungsrechtliche Vorgabe des Grundgesetzes nach Art. 7 Absatz 4 legt ausdrücklich fest, dass auch in Privatschulen ..."eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird." Bei der EBS liegt es auf der Hand, dass bei Studiengebühren von aktuell ca. 12.000 Euro pro Jahr diese verfassungsrechtlich unerwünschte 'Sonderung' faktisch eintritt.

Vor diesem Hintergrund stünde es der Landeshauptstadt Wiesbaden auf dem Weg zu einer anerkannten Universitätsstadt besser an, sich mit der Kooperation einer öffentlichen Fachhochschule oder Universität zu schmücken, anstatt mit beträchtlichen Steuergeldern eine von der Wirtschaftselite geprägte rein private Hochschule zu alimentieren, die eigentlich sich selbst finanzieren müsste.

Von daher fordert die GEW - Wiesbaden

  1. den Oberbürgermeister Dr. Müller erneut auf, die Offenlegung der Verträge der Stadt Wiesbaden mit der EBS einschließlich etwaiger Absprachen sicherzustellen 
  2. zu klären, inwieweit Wiesbadens Magistrat und Stadtverordnetenversammlung bereits vor Abschluss des Kooperations- und Zuschussvertrages mit der EBS die Pläne und der Finanzierungsrahmen für das 'Business Law Institute' bekannt waren.
  3. SPD, GRÜNE und LiLi auf, bei ihren Landtagsfraktionen darauf hinzuwirken, dass das Land Hessen die vom EBS-Rektor Dr. Jahns neuerdings zusätzlich geforderte Anschubfinanzierung eines sogenannten Business-Law-Institutes in Höhe von 25-30 Milionen Euro nicht gewährt.

Als Bildungs-Gewerkschaft meinen wir: Chancengleichheit in einer Demokratie bedeutet, dass Bildung für alle auf keinen Fall zu einer Ware für einige Wenige verkommen darf!