EBS: „Campus mit Marktplatz und Kontemplation“

„Ein Zeichen politischer Vitalität“?

Leserbrief von Katja Plazikowsky zum Artikel „Campus mit Marktplatz und Kontemplation“ in der FAZ vom 20.01.2010

Als Lehrerin an einer Wiesbadener Lernhilfeschule möchte ich Ihren Artikeln zum Thema „Umgestaltung des alten Gerichtsgebäudes in eine „Law – School“ der EBS um einige Fakten ergänzen, die sie bedauerlicherweise in Ihrer Berichterstattung nicht zur Kenntnis nehmen.

Die von Ihnen so positiv beschriebene mögliche Aufwertung des ehemaligen Gerichtsviertels ist nur die eine Seite der Wiesbadener Realität, wie sie durch die Politik der Jamaika – Koalition geprägt wird. 

In Zeiten von drastisch sinkenden Steuereinnahmen und einer als desolat beschriebenen Haushaltslage unterstützt die Stadt demonstrativ eine  private Elite – Universität mit 10 Millionen Euro sowie weiteren Maßnahmen. Gleichzeitig beschließt die  Stadt Wiesbaden eine beispiellose Kürzung der Mittel für Schulbauten, Sanierungen, Schulbudgets und andere, die schulische Arbeit unterstützende Maßnahmen. 

Dringend benötigte Schulneubauten und Sanierungen wurden unmittelbar vor ihrer Realisierung gestoppt,  Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte an vielen Schulen arbeiten weiterhin unter desaströsen baulichen, hygienischen und räumlichen Bedingungen. Konkrete Berichte über diese Vorgänge waren mehrfach in der Presse zu lesen.

 Von den beschriebenen Bedingungen einer „Law – School“ („ Der Campus wird einer der schönsten in ganz Deutschland“…..Einen Innenhof….als Ort der Kontemplation“) können die von den Kürzungen Betroffenen  nur träumen. Sie arbeiten weiterhin in Gebäuden, die abbruchreif sind und in denen teilweise ein Unterrichten kaum noch möglich ist.

Die Stadt Wiesbaden hat jahrzehntelang – egal unter welcher Stadtregierung – viele ihrer Schulbauten verkommen lassen. Die dringend benötigten Maßnahmen nicht zu realisieren, die Unterstützung der EBS aber zu keinem Zeitpunkt in Frage zu stellen, ist nach Ansicht vieler Betroffener ein schulpolitischer Skandal.

Frankfurter Rundschau