Die Nazi-Schülerzeitschrift „Hilf mit!“

INDOKTRINATION Idylle, Rassismus, Antisemitismus

Einladung der Forschungsstelle „NS-Pädagogik“ im Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt/M zur Buchvorstellung und Diskussion
Donnerstag, den 24. Januar 2013, Casino-Westend / Raum 1.802, (60323 Frankfurt am Main, Grüneburgplatz 1) 16.00 Uhr

"Günter Grass berichtet, dass er von der NS-Schülerzeitung "Hilf mit!" animiert wurde, seine ersten schriftstellerischen Versuche zu unternehmen. Jeweils über 5 Millionen Exemplare dieser an die Schülerschaft gerichteten illustrierten Zeitschrift wurden Monat für Monat vom NS-Lehrerbund als Herausgeber verteilt. So wurde eine ganze Generation sozialisiert und geprägt: Die HJ-Generation von Martin Walser, Günter Grass, Helmut Schmidt und Papst Benedikt XVI (Joseph Ratzinger), so die Ausgangsthese dieser Studie.

In einem Forschungsprojekt der Goethe-Universität mit Unterstützung der DFG wurden nun für Bibliotheken sämtliche Ausgaben von Oktober 1933 bis September 1944 (ca. 3000 Seiten) für die wissenschaftliche Aufarbeitung reproduziert und analysiert.

Erste Ergebnisse dieser Analyse: Nicht plumpe Propaganda, sondern professionell gemachte Indoktrination lässt sich feststellen: 2/3 des Materials beschwören eine herrliche Idylle von gesunden deutschen Mädchen und Jungen, Mutter und Kind, Weihnachtsbaum und kleinen Igeln. Idylle und Spießer-Ideologie. Wohl dosiert und im geringen Umfang gab es zudem auch primitive Propaganda für NS-Führer und NS-Organisationen mit ihren Symbolen.

Aber der eigentliche, der springende Punkt sind die in Geschichten verkleideten perfiden und aggressiven judenfeindlichen Artikel. Mit pervertiertem reformpädagogischen Geschick werden die Jugendlichen zum "forschenden Lernen" aufgefordert.

Etwa: Findet mit Hilfe von Kirchenbüchern noch versteckte Juden heraus und enttarnt sie - so wie der Fähnleinführer Dietrich! Hilf mit!

Oder: Durchforstet die Bücherschränke Eurer Eltern nach "jüdischem Gift"! So wie der elfjährige Karl-Albert es mit seinem älteren Bruder getan hat. Hilf mit!

In scheinbar lustige Geschichten wird eingestreut, dass "die Juden wie Wanzen" seien, der Glaube eh einerlei sei, da ja auch ein alter Bauer verkündet: "in der Rasse liegt die Schweinerei". Die nazistische Rassenlehre wird an Hunden, Pferden und Hühner demonstriert.

All dies wird wohldosiert und gut verpackt.

Die Auseinandersetzung mit diesen pädagogisch verpackten Methoden der Indoktrination richtet sich gezielt auch an Studierende der Erziehungswissenschaft: An solchen handfesten Materialien der Indoktrination soll eine Auseinandersetzung mit den Zielen der NS-Ideologie und den Methoden der Indoktrination im Kontrast zur demokratisch orientierten Pädagogik entwickelt werden.

Wie kann eine Pädagogin oder ein Pädagoge heute auf solche subtilen Mechanismen der Diskriminierung, wie sie in der NS-Zeit ausgeklügelt und "evaluiert" wurden, reagieren? Was kann widerlegt werden, wo genau ist die Verleumdung und Verächtlichmachung als solche zu kennzeichnen?"