"Bildungschancen und Verteilungsgerechtigkeit"

In diesem Band wird in drei von sechs Beiträgen aus Studien berichtet, die die GEW in der letzten Zeit initiiert hatte.

In dem Band "Bildungschancen und Verteilungsgerechtigkeit" (Autoren: Kai Eicker-Wolf, Gunter Quaißer, Ulrich Thöne) wird in drei von sechs Beiträgen (Heintze; Kaphegyi; Piltz/Quaißer) aus Studien berichtet, die die GEW in der letzten Zeit initiiert hatte.

Cornelia Heintze beschreibt die Weigerung der deutschen Politik, Ziele im Bildungsbereich bedarfsorientiert zu setzen und ihre Erreichung im Rahmen der international etablierten Rechensysteme anzustreben. Dahinter steckt nach ihrer Einschätzung die Absicht, Bildung öffentlich unterfinanziert zu lassen, um so den Privatisierungsdruck hoch zu halten, dies gleichzeitig jedoch durch die Darstellung vermeintlicher Erfolge bei der Steigerung nationaler Bildungsinvestitionen zu bemänteln.

Mit dem so genannten Bildungsmonitor, der seit dem Jahr 2004 jährlich erscheint und vom Institut der deutschen Wirtschaft im Auftrag des arbeitgeberfinanzierten Lobby-Think-Tanks Neue Soziale Marktwirtschaft erarbeitet wird, setzt sich Tobias Kaphegyi in seinem Aufsatz auseinander. Kaphegyi weist nach, dass die Indikatoren und Handlungsfelder im Bildungsmonitor aufgrund empirisch weitgehend unbestätigter Theorien und Vorstellungen einer angebotsorientierten Mainstream-Ökonomie zur Wachstumswirkung von Bildung ausgewählt und definiert werden. Bildung wird dabei auf den Inputfaktor Humankapitalbildung reduziert, dessen Verbesserung automatisch zu Verbesserungen beim Wirtschaftswachstum in den Bundesländern führen soll. So ist auch die Kernaussage, dass „gute Bildung“ auch ohne Erhöhung der Bildungsausgaben möglich sei, von vornherein unlogisch konstruiert, da überhaupt keine Bedarfsberechnung für ein angemessen ausgestattetes Bildungssystem vorgenommen wird.

Henrik Piltz und ich erläutern in einem weiteren Beitrag, welche Aufwendungen für ein zukunftsfähiges Bildungssystem notwendig wären. In der Bildungspolitik ist relativ unstrittig, dass die Bildung in Deutschland unterfinanziert ist. Während manche aber hoffen, dass die so genannte demografische Rendite – das heißt, die Bildungsausgaben werden angesichts sinkender Zahlen von Schülern und Schülerinnen nicht reduziert – zur Verbesserung der gegenwärtigen Situation ausreichen würde, fordern andere eine deutliche Erhöhung der öffentlichen Bildungsausgaben. Henrik Piltz und Gunter Quaißer legen dar, welche Verbesserungen im Bildungssektor wie viel kosten würden – und schlüsseln dies nach Bildungsbereichen und Bundesländern auf.

Hinzu kommen Beiträge von namhaften Ökonomen:
Den Auftakt macht Stefan Schulmeister, der sich mit der Eurokrise auseinandersetzt. Schulmeister arbeitet heraus, dass die Schuldenkrise nicht durch den Fiskalpakt und die darin festgeschriebene Schuldenbremse behoben werden kann, sondern dass die Überwindung der Krise eine Belebung der Inlandsnachfrage durch einen New Deal zur Voraussetzung hat. Ein Element dieses New Deal ist eine deutliche Steigerung der Bildungsausgaben.

Wilfried Altzinger beleuchtet die Entstehung, Verteilung und Übertragung von
Sach- und Finanzvermögen sowie von Bildungsvermögen von einer Generation auf die nächste. Da jedoch der Zugang zu Sach- und Finanzvermögen sehr häufig durch Erbschaften und Schenkungen erfolgt, erhält die Frage des Zugangs zu Bildungsvermögen eine zentrale Bedeutung hinsichtlich der Herstellung von Chancengleichheit, insbesondere für die große Gruppe der Nicht-Erben und - Erbinnen.

Kai Eicker-Wolf und Achim Truger befassen sich insbesondere mit der Situation der öffentlichen Haushalte in Deutschland. Die öffentliche Hand leidet in Deutschland an einer strukturellen Unterfinanzierung, die ihren Ausdruck in geringen öffentlichen Investitionen und unzureichenden Bildungsausgaben findet. Ursache für die mangelhafte Finanzausstattung des Staates sind massive Steuersenkungen, die seit der Jahrtausendwende vor allem reichen Haushalten und dem Unternehmenssektor zugute gekommen sind. Eicker-Wolf und Truger sehen die deutsche Steuer- und Finanzpolitik an einem Scheideweg.

In der Gesamtheit liefert das Buch wohl ausgezeichnete Grundlagen für eine sachgerechte Bildungs- und Finanzpolitik.