Bericht von der Bildungsstreikdemo

am 17.11.09 in Wiesbaden

Auch in Wiesbaden, der Landeshauptstadt von Hessen wurde am 17. November wieder demonstriert. Aus ganz Hessen reisten streikende SchülerInnen, Studierende, LehrerInnen und Eltern an, um gemeinsam für eine Verbesserung der Lern- und Lehrbedingungen zu streiten.

Nach Einschätzungen der Veranstalter der Demo (GEW), waren10.000 DemonstrantInnen nach Wiesbaden zur Demo gekommen. Etwa die Hälfte davon  waren LehrerInnen.
Die Demoroute war recht kurz: Los ging es bei Regen um etwa11:30 Uhr am HBF Wiesbaden, kurz den Ring hoch, in die Moritzstraße wo die DemonstrantInnen von KletteraktivistInnen der „Jugendaktionsgruppe Subversiv“ empfangen wurde, die vor dem ehemaligem Gerichtsgebäude zwei Banner gehängt hatten. Auf den Bannern war zu lesen ELITE- UNI? HA HA HA! BILDUNG IST FÜR ALLE DA! und STOPPT MÜLLER (OB von Wiesbaden), um explizit auf seine Rolle bei der untransparenten, undemokratischen und ständig größer werdenden Subventionierung der Eliteuniversität EBS durch Land und Stadt aufmerksam zu machen.
Von der Moritzstraße aus ging es dann über die Rheinstraße auf den Luisenplatz, wo die ca. anderthalb stündige Abschlusskundgebung begann. Der Regen hatte nachgelassen und die Stimmung war kämpferisch. Die GEW stellte ausreichend kostenlose Brezeln und Wasser für alle zur Verfügung.
Auf der Kundgebung kamen SprecherInnen der LehrerInnen, der StudentInnen und der SchülerInnen zu Wort. Etwa nach der Hälfte der Kundgebung setzte sich eine Gruppe von einigen hundert SchülerInnen und Studierenden zu einer Spontandemo in Bewegung, die über den Hauptbahnhof, durch die Innenstadt zum Marktplatz, zwischen Landtag und Rathaus führte.

Nach dem Ende der offiziellen Kundgebung setzten sich dann noch kleinere Gruppen Richtung Landtag in Bewegung. Doch zunächst zogen die zwei Demos ein wenig durch die Wiesbadener Innenstadt und machten die PassantInnen z.B. in der Fußgängerzone auf ihre Anliegen aufmerksam. Sich in den Weg stellenden Polizeieinheiten, die, mit der Angabe wir haben keine Lust mit euch durch die ganze Stadt zu laufen, versuchten die Straße für die DemoteilnehmerInnen zu blockieren wurden problemlos durchlaufen. 
Auf dem Marktplatz, zwischen Rathaus und Landtag fanden die zwei Gruppen dann zusammen, und machten gemeinsam ihrem Unmut über die momentane Bildungssituation Luft. 

Nach etwa einer halben Stunde setzte sich die Demo spontan wieder in Bewegung und schaffte es die Polizei so zu überraschen und zu umgehen, dass sich die Demo auf einmal auf der Rückseite des Landtags befand, was die Polizei zuvor noch mit allen Mitteln versucht hatte zu verhindern (der offizielle Eingang befindet sich auf dieser Seite). Von dort aus hatten die DemonstrantInnen direkten Blick auf die gerade stattfindende Landtagssitzung zum Thema Schweinegrippe, auch die Abgeordneten konnten so die DemoteilnehmerInnen weder überhören noch übersehen. Der durch das Eindringen in die Bannmeile geschaffenen Druck war offensichtlich so groß, dass alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen Abgeordnete runter zu den DemoteilnehmerInnen schickten, nachdem die Gruppe sich dagegen entschieden hatten, eine Delegation für Verhandlungen in den Landtag zu schicken (Beschluss: Alle oder niemand!). Doch wie leider zu erwarten war, gingen die Landtagsabgeordneten nicht oder kaum auf die Forderungen der Lernenden ein, sondern erzählten vor allem was sie schon alles tolles gemacht hatten. Immerhin gab es keinen Widerspruch (bei manchen Abgeordneten sogar Zustimmung) bei der Feststellung, dass es kein Verdienst von irgendeiner Partei war, dass in Hessen die Studiengebühren wiederabgeschafft und trotz Regierungswechsels nicht wieder eingeführt wurden, sondern dass dies vor allem ein Verdienst der sich massiv dagegen wehrenden Studierenden und SchülerInnen im Jahr 2006 war.

Da keine Partei zu konkreten Zusagen bereit war, wurden die Verhandlungen abgebrochen, die meisten Abgeordneten (vor allem die der CDU/FDP) zeigten sowieso kein Interesse mehr an der von der Gruppe geführten Diskussion und vertieften sich in Einzelgespräche. Der Vorschlag, sich von der Polizei eine Zusage geben zu lassen, die Bannmeile geschlossen verlassen zu dürfen, wurde nach kurzem Warten von der Gruppe abgelehnt, schließlich hatte es die Polizei auch zu verhindern versucht, die Demo an den Landtag zu lassen. Die Gruppe erkannte also, dass sie nicht auf eine Erlaubnis der Polizei angewiesen war, um zu wissen was sie jetzt machen würde. Sie setzte sich über die Wilhelmstraße wieder zurück Richtung Bahnhof in Bewegung, und zeigte ein letztes Mal für diesen Tag ihre Entschlossenheit für ein kostenloses, besseres und gerechteres Bildungssystem zu kämpfen, durch ihr lautes Auftreten.
Mit 10.000 TeilnehmerInnen war die Demo in Wiesbaden doppelt so groß wie die Bildungsstreikdemo am 17. Juni 09, was wohl auch an der Mobilisierung durch die LehrerInnen aus ganz Hessen lag. Für Wiesbaden war dieser zweite Bildungsstreik im Jahr 2009 also ein großer Erfolg.

Wiesbadener Kurier