Arbeiten bis der Tod entscheidet

Das woll’n wir nicht, das woll’n wir nicht!

Am 7. September beteiligten sich die Mitglieder des Kreisvorstands der GEW Wiesbaden vor der Hessischen Staatskanzlei an einer Aktionsveranstaltung gegen die von der Landesregierung geplante Lebensarbeitszeitverlängerung für Lehrer und andere Landesbedienstete.
Und wie!

Die Mitglieder des Kreisvorstandes stellten eine Art Anti-Staatsvampirei-Truppe (s. Fotos) zusammen. Kollege Th. Eilers hatte nämlich im hintersten Winkel seiner düsteren Dachbodenkammer in einer staubigen eisenbeschlagenen Kiste (hm, hm!) drei prächtige Vampirkostüme entdeckt. Diese  Staatsvampire mit perfekt geschminkten Visagen (Bravo und Danke, Ute Eilers!) und fiesen Parolen vorm Bauch (Seniorenblut schmeckt tödlich gut!) umschwirrten die Gruppe der Berufslädierten: Rollstuhlfahrer, Blinde, Hörgeschädigte, Lahme und Ermattete, begleitet von Bahre und Krankenträgern. (s. Fotos)

Welch ein Blickfang, so in Anlehnung an Polanskis Film: Tanz der Vampire.  Dort beenden Holzspeere, ins ohnehin kalte Herz gesteckt, das unselige Treiben der Unwesen.

Nun, unsere Speere sind von anderer Art: Sie heißen Öffentlichkeitsarbeit und Solidarität herstellen mit den KollegInnen, den alten und den jungen.

Wie der Hauptredner Jochen Nagel treffend sagte, wird der Generationenpakt, den die Landesregierung ebenso laut wie irreführend ständig bemüht, exakt durch eben diese Maßnahme ad absurdum geführt.

Denn, wird die Regelung greifen, bedeutet das eine Mindereinstellungsrate junger KollegInnen von ca 2,5 Prozent per annum. Hochgerechnet heißt dies, dass landesweit die Kollegien in einer Dekade um etwa ein Viertel weniger verjüngt werden können. Wo ist denn da der Vorteil? Die Alten können nicht mehr und die Jungen können nichts werden.

Und dies angesichts von zwei hinzukommenden nicht zu vernachlässigenden  Fakten:

  • bereits jetzt (Renteneintrittsalter 65 Jahre) erreichen nur 5 Prozent der Beschäftigten diese Grenze als noch Vollzeitberufstätige
  • die BRD liegt mit dem vorgeschriebenen Renteneintrittsalter für LehrerInnen europaweit ohnehin schon an  der Spitze; im Nachbarland Frankreich (Renteneintrittsalter: 60) wurde gerade heftig gegen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit um zwei Jahre demonstriert!

Im Reizvollen unseres Berufs – Spannung, Unwägbarkeit, Bewegung, Abwechslung – liegt halt auch gleichzeitig seine Gefährdung.

Ein Paradoxon? Ja, eben!
When you’re getting on in life, wie die Engländer das Älterwerden so unaufdringlich paraphrasieren, gerät das täglich Aufregende, Wechselvolle, Herausfordernde, das man lange schätzte, leider häufig und sicherlich unerwünscht zur Last.

Das tut dann keinem der Beteiligten gut, den Altgedienten nicht und schon gar nicht den Schülern.
Unser Land hat seinen Bediensteten gegenüber auch eine Sorgfaltspflicht, die nicht der Maxime: Hauptsache, es kost’ nix! zum Oper fallen darf.

Denn die Verlängerung der Lebensarbeitszeit bedeutet möglicherweise für eine nicht geringe Anzahl der Betroffenen eine Verkürzung der Lebenszeit.

Wir gestatten uns, den römischen Dichter Sueton (die bittere Begrüßung der kampfgezeichneten Fußsoldaten an Kaiser Claudius) leicht abgewandelt zu zitieren:

Ave, Kultus (statt: Caesar) Imperator, morituri te salutant.
Bis bald, Kultusministerin.

Sind beschäftigt. Spitzen gerade öffentlich unsere Speere.