10 Gründe

für eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit für Lehrkräfte in Hessen – jetzt!

1. Die Pflichtstundenzahl in Hessen ist weiterhin auf dem Niveau von 1948 (für Grundschullehrkräfte sogar auf dem Niveau von 1908): Während die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit im Öffentlichen Dienst in den letzten 100 Jahren von 60 auf 40 Wochenstunden gesunken ist, blieb die verordnete Pflichtstundenzahl für Lehrerinnen und Lehrer in Hessen – mit Ausnahme kurzer Phasen der Belastungsreduzierung – nahezu unverändert. Hessische Lehrkräfte sind damit vom gesellschaftlichen Produktivitätsfortschritt, der auch zu einer allgemeinen Verkürzung der Arbeitszeit geführt hat, ausgeschlossen.

2. Die Deputatstunden für besondere Aufgaben wurden bei Lehrkräften zugunsten der Entlastung der Schulleitungen abgebaut, die Pflichtstundenzahl im Jahre 2004 noch erhöht!

3. Hessen liegt bei den Arbeitszeiten von Lehrkräften „vorn“: Sowohl bezüglich der Pflichtstundenregelungen als auch bei den Klassen- und Gruppengrößen zeigt Hessen im Ländervergleich „Rekordniveau“!

4. Die Arbeitsbelastungen im Schuldienst haben in den letzten Jahren massiv zugenommen:

  • Arbeit am Schulprogramm bzw. Schulprofil
  • Lernstandserhebungen
  • Vermehrte Eingangstests und Vergleichsarbeiten
  • Vermehrte und ausgeweitete Prüfungen
  • Entwicklung von Evaluationsmethoden
  • Erstellung von Förderplänen und Förderplangespräche
  • Anpassung an permanente Lehrplanänderungen, insbesondere bei G8
  • Steigender Aufwand bei der Klassenführung durch vermehrte Schüler- und Elterngespräche
  • Zunahme des Integrationsaufwands auffälliger oder lernschwacher SchülerInnen ohne soziale oder pädagogische Unterstützungssysteme
  • Ausschöpfung der Möglichkeiten zur Anordnung von unbezahlter Mehrarbeit
  • Zunahme der Schüleraustauschprogramme

5. Schulorganisation und Schulverwaltung sind im Zusammenhang mit ständigen „Reform“versuchen
          komplexer geworden:

  • Beschaffung finanzieller Mittel über die Regelzuweisung hinaus, um Schulprofil und zahlreiche Sonderprogramme (z.B. „gesunde Schule“) verwirklichen zu können
  • Modellversuche wie SV +, Hessencampus, begabungsgerechte Schule u.v.a.
  • Selbstständige Budgetverwaltung im Rahmen der neuen Verwaltungssteuerung
  • Integration des befristet beschäftigten Vertretungs-/Betreuungspersonals
  • Zertifizierung von Qualifikationen zusätzlich zur Zeugniserstellung

6. Die Schul- und Unterrichtsorganisation erfordert heutzutage längere Anwesenheitszeiten an der Schule:

  • Die Zahl der Ganztagsschulen nimmt zu und damit die Zahl der "löchrigen" Stundenpläne
  • Die tägliche Anwesenheitsverpflichtung im Zuge von G 8 nimmt zu
  • Erhöhte Anzahl von Konferenzen
  • Rhythmisierung des Unterrichts
  • Koordinations- und Kooperationsbedarf unter Lehrkräften nimmt zu 
  • Elternarbeit ist zeitaufwändiger als früher

7. Der Lehrerberuf gefährdet unter den gegenwärtigen Bedingungen unsere Gesundheit! 

Die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer, die die Altersgrenze von 65 Jahren (demnächst 67!) im aktiven Dienst aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erreichen, nimmt zu. Im Schuljahr 2007/08 waren 58,3 % der aus dem Dienst scheidenden Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen Hessens vorzeitig wegen Dienstunfähigkeit oder Tod ausgeschieden (2004/05 waren es noch 53,4 %), wohingegen Bundesbeamte und Richter nur zu ca. 15 % aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig in den Ruhestand treten.

Deshalb brauchen wir die Wochenarbeitszeitverkürzung und kein Lebensarbeitszeitkonto!

8. Teilzeitbeschäftigung aus Gründen der Arbeitsüberlastung nimmt zu - eine volle Stelle ist nicht mehr zumutbar! Eine Befragung von über 300 teilzeitbeschäftigten Lehrkräften in Stadt und Kreis Offenbach hat ergeben, dass

  • in den letzten 10 Jahren eine deutliche Zunahme der Stundenreduzierung festzustellen ist
  • fast 50% der Befragten in Grundschulen, 77% in Gymnasien, 85% in Gesamtschulen und 
  • 57 % in Berufl. Schulen die hohe Arbeitsbelastung als Grund für ihre Stundenreduzierung angaben
  • in der Altersgruppe von 40-59 Jahren häufig gesundheitliche Gründe zur Stundenreduzierung führen (in Grundschulen)
  • in Gymnasien und Gesamtschulen die hohe Arbeitsbelastung häufigster Grund für eine Reduzierung ist (und nicht, wie oft gedacht, die Kindererziehung)

9. Der Lehrerberuf ist in Hessen nicht mehr attraktiv für junge Studenten!

Die schlechten Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen an den hessischen Schulen und Seminaren haben zu wachsendem Lehrermangel geführt, der durch Quereinstieg nicht zu lösen ist, ohne dass noch mehr Arbeit auf die im Dienst befindlichen Lehrkräfte zukommt.

10. Wir müssen Druck machen – wann, wenn nicht jetzt!

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Landtags- und Bundestagswahlen ein günstiger Zeitpunkt sind, um unsere Forderungen durchzusetzen.

Vor der letzten Landtagswahl gab es nach langer Durststrecke für die hessischen Beamtinnen und Beamten immerhin eine Besoldungserhöhung als Wahlgeschenk.

Auch jetzt - vor der Bundestagswahl - gibt sich die hessische Landesregierung „großzügig“ und ist bereit, den Gehaltsteil des Tarifvertrag Hessen für die beim Land beschäftigten Angestellten auf die Beamten zu übertragen.

Wir wollen aber die vollständige Übertragung des TV Hessen auf die Beamtinnen und Beamten und damit auch auf die Lehrkräfte, und zwar Angestellte und Beamte, denn eine Arbeitszeitverkürzung ist längst überfällig, um die vielfältigen Belastungen endlich abzumildern!

Wir lassen nicht locker: 30-Stunden-Woche jetzt! Eine Rücknahme von Arbeitszeitverlängerungen gibt es nicht von allein. Verfasst Resolutionen – in Personalversammlungen, Gesamtkonferenzen, Schulgruppensitzungen, macht sie öffentlich (Presse), sendet sie an die politisch Verantwortlichen!