Dringender Handlungsbedarf für Grundschulen!

Alarmierende Ergebnisse des IQB-Bildungstrends

 

17. Oktober 2022 Pressemitteilung

Die GEW Hessen bewertet die heute vorgestellten Ergebnisse des IQB-Bildungstrends als alarmierend. Die im Rahmen der aktuellen Erhebung festgestellten Kompetenzen der Viertklässlerinnen und Viertklässler in Deutsch und Mathematik haben sich im Durchschnitt deutlich verschlechtert. Gerade auch in Hessen ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler, der die von der Kultusministerkonferenz definierten Regelstandards nicht erreicht, deutlich angestiegen. Die diesbezüglichen Werte für Hessen haben sich gegenüber der letzten Untersuchung aus dem Jahr 2016 in allen Bereichen – Lesen, Zuhören, Orthografie und Mathematik – signifikant verschlechtert.

Heike Ackermann, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hessen und Grundschullehrerin, kommentiert diese Befunde wie folgt: „Die Rahmenbedingungen für den Unterricht an den Grundschulen haben sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Aufgrund des Lehrkräftemangels können immer mehr Stellen nicht mit ausgebildeten Grundschullehrkräften besetzt werden. Der Mangel auch in anderen pädagogischen Professionen betrifft die Grundschulen ebenfalls. Andererseits ist das Ausmaß der Heterogenität unter den Schülerinnen und Schülern immer größer geworden, ohne dass dem konzeptionell Rechnung getragen wurde. Der Anteil der Kinder aus armen Familien ist weiter angewachsen, auch das beeinträchtigt die Lernchancen.“

Der IQB-Bildungstrend hat erhebliche soziale Disparitäten festgestellt. Das erreichte Kompetenzniveau hängt also ausgesprochen stark vom sozioökonomischen Hintergrund der Familien ab. Ein Einfluss der Corona-Pandemie auf die Ergebnisse wurde von Prof. Dr. Petra Stanat, die die Ergebnisse vorstellte, vermutet, dieser könne aber nicht die gesamte Entwicklung erklären. Diese Einschätzung wird von Heike Ackermann geteilt: „Zweifelsohne hat die Pandemie und das misslungene Krisenmanagement des Kultusministeriums zu diesen Ergebnissen beigetragen. Die Probleme an den Grundschulen sind jedoch deutlich älter und greifen tiefer. So hatte bereits der IQB-Bildungstrend 2016 eine Verschlechterung gegenüber der ersten Erhebung aus dem Jahr 2011 aufgezeigt. Wir benötigen einen echten politischen Kraftakt für gute Bildung. Die Kitas und die Grundschulen müssen dabei im Mittelpunkt stehen, denn hier werden die Grundlagen gelegt.“

Thilo Hartmann, Vorsitzender der GEW Hessen, erinnerte aus diesem Anlass an die Forderung der GEW Hessen nach einer Anpassung der Besoldung: „Der Wert der frühen Bildung muss sich auch in der Bezahlung der Grundschullehrkräfte widerspiegeln. Ohne eine Anhebung der Besoldung auf A13, wie sie jüngst auch für die großen Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern beschlossen beziehungsweise angekündigt wurde, wird Hessen den Lehrkräftemangel an seinen Grundschulen nicht auflösen können.“

Der IQB-Bildungstrend hat des Weiteren aufgezeigt, dass sich ein Großteil der Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse sozial eingebunden fühlt. Die Schulzufriedenheit ist im Durchschnitt ausgesprochen hoch. „Motivierte und qualifizierte Pädagoginnen und Pädagogen sind für gute Bildung unerlässlich. Es ist alleine dem Engagement der Kolleginnen und Kollegen zu verdanken, dass – allen bestehenden Problemen zum Trotz – so viele erfolgreiche Bildungsprozesse ermöglicht werden. Die Schülerinnen und Schüler der Primarstufe fühlen sich in aller Regel gut aufgehoben an ihrer Schule. Das ist angesichts der aktuellen vielfältigen Krisen von höchster Bedeutung“, so Thilo Hartmann abschließend.

(Dieser Beitrag erschien erstmalig unter https://gew-hessen.de/home/details/dringender-handlungsbedarf-fuer-grundschulen