Wiesbadener Magistrat:

Schulden machen für gute Sachen

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 an alle Schulleiter weist die Wiesbadener Schuldezernentin Rose-Lore Scholz auf die Konsequenzen der Weltwirtschaftskrise hin: Ein Nothaushalt für Wiesbaden, und sie schlussfolgert: "Mein Credo galt bis zuletzt dem Bestandsschutz der Schulbudgets. Gleichwohl fehlt mir der Entscheidungsspielraum. Diese Schritte sind derzeit alternativlos."

Es werden notwendige und zum Teil begonnene Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen gestoppt, so genannte freiwillige Leistungen der Stadt fallen künftig dem Rotstift zum Opfer: Ganztagsschule und Schulsozialarbeit werden nicht weiter ausgebaut, damit können Schüler nicht mehr angemessen gefördert werden. Für die Entwicklung förderliche Projekte wie "Gesunde Schule" und "Grüne Schule", Schüleraustausch, Therapeutisches Reiten, Verkehrserziehung und freigestellter Schülerverkehr werden gestrichen. Schulische Verwaltungskräfte wie Sekretärinnen und Hausmeister werden nicht mehr eingestellt, frei werdende Stellen nicht wieder besetzt. Das alles vor dem Hintergrund der als Fortschritt propagierten "selbstverwalteten, eigenverantwortlichen Schule". Wie soll das gehen? Wo bleibt das viel beschworene Qualitätsmanagement? Nach Scholz wird das alles alternativlos von der "Weltwirtschaftskrise" mit in den Abgrund gerissen.

Alternativlos? Nein! Es geht auch anders, wie das hohe finanzielle Engagement der die Stadt regierenden Jamaika-Koalition bei der Mitfinanzierung im großen Stil einer rein privaten und eng aufgestellten Möchtegern-Universität (EBS) zeigt. Hier fließen Millionen an Steuergeldern für das Image der Stadt und ihrer Repräsentanten. Schon heute beträgt das finanzielle Engagement von Stadt und Land ca. 50 Millionen Euro für diese private EBS. Dreister können Kämmerer und Oberbürgermeister Dr. Müller und Hessens Finanzminister Weimar mit unseren Steuergeldern nicht mehr umgehen.

Alternativlos? Nein! Für Investitionen in eine sozial gerechte und gute Bildung darf nichts zu teuer sein. Dafür dürfen und müssen der Staat und die Gemeinden Schulden machen. Diese Schulden lohnen sich, sie sind Zukunftsinvestitionen, die sich für die nachfolgenden Generationen auszahlen. Wiesbaden wird deswegen nicht von der Landkarte verschwinden, weil es nicht pleite gehen kann.

Es ist unseriös und unglaubwürdig, wenn die Stadt ständig ihre prekäre Finanzlage beklagt und als einzigen "Ausweg" aus der "Misere" die radikale Zusammenkürzung der dringend für Schulsanierung und Schulausstattung benötigten Geldmittel nennt. Sich für Prestigeobjekte zu verschulden, macht der Stadt merkwürdigerweise ja nichts aus. Das geht immer.

Es ist immer wieder ein undemokratisches und erbärmliches Schauspiel in den Ausschüssen und im Stadtparlament, wenn die gewählten Volksvertreter nicht ihrem Gewissen und ihrer Vernunft folgen, sondern einem Fraktions- oder Koalitionszwang. 

Die GEW Wiesbaden hat beschlossen zeitnah eine Informations- und Diskussionsveranstaltung - einen Runden Tisch - durchzuführen zum Thema "Schulsanierung in Wiesbaden". Ziel der Veranstaltung ist, dass Vertreter aller betroffenen Schulen ihre Forderungen vortragen und von den Politikern verlangen, unverzüglich eine Liste der Renovierungsvorhaben mit konkreter Terminplanung öffentlich vorzulegen.

26. Januar 2010 um 17 Uhr in der Comeniusschule, Schaperstraße 23 in Wiesbaden.