Überlastungsanzeige

gemäß §§ 15 bis 17 Arbeitsschutzgesetz

Sehr geehrte Frau Kultusministerin, die seit Jahren steigende Belastung der Lehrkräfte hinterlässt immer deutlichere Spuren, Erschöpfung und Stresssymptome machen sich verstärkt bemerkbar. Aber nicht nur unsere Gesundheit leidet, sondern auch die Qualität unserer Arbeit, da selbst bei permanentem Einsatz jenseits der Belastungsgrenze die wachsenden Anforderungen nur noch mit Abstrichen zu bewältigen sind.

Volle Stelle muss zumutbar sein!

Die Arbeitsbelastung einer mit voller Pflichtstundenzahl arbeitenden Lehrkraft muss so beschaffen sein, dass weder ihre Gesundheit geschädigt wird noch dienstliche Aufgaben vernachlässigt werden müssen. Dies haben Sie als Dienstherrin, das Staatliche Schulamt als Schulaufsicht und der Schulleiter als Dienstvorgesetzter im Rahmen Ihrer beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht zu gewährleisten. Dazu muss vor allem die Pflichtstundendenzahl reduziert werden.

Es muss möglich sein, ein volles Deputat zu  schultern, und zwar auch mit zwei Korrekturfächern, als Berufsanfänger oder als ältere Lehrkraft. Es darf nicht sein, dass sich immer mehr Kolleginnen und Kollegen gezwungen sehen, ihre Stelle zu reduzieren und damit auf Gehalt und Pensionsansprüche zu verzichten, um Gesundheit und Arbeitsqualität zu erhalten. 

Arbeitsbedingungen den für die Gesundheit geltenden Normen anpassen!

Arbeitsqualität und Gesundheit werden auch durch die völlig unzureichende Ausstattung unserer Arbeitsplätze gefährdet: Es existieren zu wenige, meist defekte und veraltete Computer, geeignete Büroarbeitsplätze sind nicht vorhanden,  Materialien müssen zwischen Wohnung und Schule hin- und hergeschleppt werden. Konzentriertes Arbeiten und das Führen ungestörter Gespräche sind praktisch unmöglich. Für die „Pausen“ fehlen Ruhebereiche, in denen man sich erholen könnte, obwohl sie in den Arbeitsschutzbestimmungen vorgesehen sind.

Wachsende Arbeitsbelastung stoppen – Arbeitsbelastungen reduzieren!

In den letzten Jahren wurde die Pflichtstundenzahl erhöht. Sie liegt heute wieder auf dem Niveau von nach dem 2. Weltkrieg, obwohl sich die Unterrichtsbedingungen erschwert haben und an Unterricht weitaus komplexere Anforderungen gestellt werden als damals. Dazu gab es viele arbeitsintensive Neuerungen, deren Ende nicht absehbar ist. Parallel dazu wurden Ermäßigungs- und Deputatsstunden abgebaut, ebenso wie Stellen für technische Warte u. ä. 

Exemplarisch für die zahlreichen Zusatzbelastungen seien genannt:

  • Verdichtung des Lehrplans durch G8
  • Pädagogische Mittagsbetreuung
  • „Verlässliche Schule“
  • Individuelle Förderung und Förderpläne
  • Extreme Arbeitsverdichtung in Korrektur und Prüfungsphasen des Abiturs
  • 5. Abiturprüfungsfach (Präsentation, besondere Lernleistung)
  • Entwicklung von Evaluationsmethoden
  • Vergleichsarbeiten
  • Lernstandserhebungen
  • Ausschöpfung der Möglichkeit zum Anordnen von unbezahlter Mehrarbeit
  • Arbeit am Schulprogramm (Förder-, Medien-, Verkehrs-, Lese-, Sexualerziehungskonzepte …)

Die Vielzahl von Aufgaben, zu hohe Unterrichtsverpflichtung, zu große Klassen, ein wachsender Anteil förderungsbedürftiger und verhaltensauffälliger SchülerInnen auch an Gymnasien - all das geht auf Kosten der Unterrichtsqualität, was bei SchülerInnen zu Unzufriedenheit, bei Lehrkräften zu schlechtem Gewissen und permanentem psychischen Druck führt. Schülerinnen und Schüler haben ein Recht auf Bildung, das Sie selbst in Rahmenlehrplänen und Qualitätsstudien permanent fordern! Indem Sie die zwangsläufigen Abstriche bei der Unterrichtsqualität billigend in Kauf nehmen, verletzen Sie sowohl Ihre Fürsorgepflicht gegenüber den Lehrkräften als auch gegenüber den Schülerinnen und Schülern.

Wir zeigen Ihnen daher hiermit unsere Überlastung an (siehe Anlage).

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Michael Zeitz

Die Personalräte der Gymnasien in Wiesbaden: Carl von Ossietzky-Schule, Diltheyschule, Elly-Heuss-Schule, Friedrich-List-Schule, Gutenbergschule, Gymnasium am Mosbacher Berg, Leibnizschule, Oranienschule, Theodor-Fliedner-Schule


 

Überlastungsanzeige

Gemäß den §§ 15 bis 17 des Arbeitsschutzgesetzes sind Beschäftigte verpflichtet, dem Arbeitgeber unmittelbare erhebliche Gefahren anzuzeigen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten gefährden. Sie sind berechtigt, dem Arbeitgeber Vorschläge zu allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes zu machen.

Wir zeigen Ihnen hiermit an, dass wir uns aufgrund der extrem gewachsenen Zahl an dienstlichen Aufgaben nicht mehr in der Lage sehen, unsere Arbeit vollständig, qualitativ angemessen und in erforderlicher Sorgfalt auszuführen. Diese Situation gefährdet unsere Gesundheit.

Wir weisen darauf hin, dass aufgrund der angezeigten Überlastung Fehler entstehen können, durch die Dritte geschädigt werden, vor allem  Schülerinnen und Schüler, die nicht mehr die optimale Unterrichtsqualität, Betreuung, Beurteilung und Aufsicht erhalten.

Wir reklamieren hiermit Haftungsfreistellung, falls aufgrund unserer Arbeitsüberlastung Schäden entstehen sollten.

Wir fordern das Kultusministerium / das Städtische Schulamt / die Schulleitungen auf, unverzüglich Maßnahmen einzuleiten, die den Zustand der permanenten Überlastung der Kolleginnen und Kollegen an unseren Schulen beseitigen. Insbesondere müssen die Pflichtstundenzahl und Klassengröße deutlich reduziert werden. Bitte teilen Sie uns mit, welche unserer dienstlichen Tätigkeiten wir bis dahin weglassen oder einschränken sollen, um sofortige Abhilfe zu schaffen.

Die Personalräte der Gymnasien in Wiesbaden: Carl von Ossietzky-Schule, Diltheyschule, Elly-Heuss-Schule, Friedrich-List-Schule, Gutenbergschule, Gymnasium am Mosbacher Berg, Leibnizschule, Oranienschule, Theodor-Fliedner-Schule