Mobilisierung

für eine demonstrative Arbeitsniederlegung der Lehrkräfte am 17. November 2009

Auf unserer landesweiten Vertrauensleuteversammlung am 17. September 2009 haben die GEW-Vertrauensleute die Resolution „Bessere Arbeitsbedingungen für professionelle Arbeit“ (siehe unten) beschlossen. Sie haben damit ihre Bereitschaft ausgedrückt, die Planungen des Landesvorstands zur Mobilisierung für eine demonstrative Arbeitsniederlegung geschlossen zu unterstützen.

Zentrale Gründe sind: 

  • Die Weigerung der Landesregierung, als Konsequenz aus der Arbeitszeitverkürzung im Tarifvertrag eine entsprechende Pflichtstundenreduzierung für Lehrkräfte vorzunehmen und 
  • die Verweigerung der Fortsetzung der Altersteilzeitregelung.

Hinzu kommen die geplante Verlängerung des Eintrittsalters in den Ruhestand und die in vielfältiger Weise schlechten Arbeitsbedingungen in den Schulen. Besonders wichtig ist uns, dass die Umsetzung unserer Forderungen immer auch die reguläre Einstellung zusätzlicher ausgebildeter Lehrkräfte zur Folge hat. Nachdem Gespräche und Verhandlungen mit dem Kultusministerium keinerlei Fortschritte erbrachten, hat unser Landesvorstand auf seiner Klausurtagung in Steinbach einstimmig die Mobilisierung für die Arbeitsniederlegung beschlossen (siehe unten) und ihr Zustandekommen davon abhängig gemacht, dass mindestens 5.000 Kolleginnen und Kollegen (Quorum) per Unterschrift ihre Bereitschaft erklären, sich daran zu beteiligen.

Gemeinsam Druck machen für bessere Arbeitsbedingungen:

Pflichtstundenreduzierung und Fortsetzung der Altersteilzeit. Bei Gesprächen und Verhandlungen mit dem Kultusministerium zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Schulen konnten sowohl in der Frage der Übertragung der Arbeitszeitverkürzung aus dem Tarifvertrag als auch in der Frage der Fortsetzung der Alterteilzeitregelung keine Fortschritte erzielt werden.Die Landesregierung bleibt bei ihrer Verweigerungshaltung:− Die Arbeitszeitverkürzung als ein wesentlicher Teil des Tarifkompromisses soll den Lehrkräften vorenthalten werden. Stattdessen soll als Alibi für die bis zu 50jährigen Lehrerinnen und Lehrer ein Zwangslebensarbeitszeitkonto eingerichtet werden, das allen Betroffenen faktisch überhaupt nichts bringt. − Anstatt durch Arbeitszeitverkürzung zusätzliche Stellen für neue ausgebildete Lehrkräfte zu schaffen, sollen die Lehrerinnen und Lehrer in den Schulen nach wie vor zu überhöhten Arbeitszeiten gezwungen werden. Diese Politik leistet keinen Beitrag zum Abbau von Erwerbslosigkeit und führt zu einer dauerhaften Überbelastung der professionellen Arbeit in den Schulen. Sie bringt schlechtere Qualität, einen höheren Krankenstand und wird wieder zu einem Anstieg der Frühpensionierungen führen.− Anstatt der hohen Arbeitsbelastung in den Schulen durch eine sozial verträgliche Regelung für den Übergang in den Ruhestand Rechnung zu tragen, wurde nicht nur die Möglichkeit der Altersteilzeit gestoppt. In den Schubladen liegen bereits die Pläne zur Erhöhung des Eintrittsalters in den Ruhestand. Dies, obwohl die Lehrkräfte mit durchschnittlich 65,25 Jahren bereits heute faktisch die höchste Altersgrenze haben und in anderen Berufen mit ähnlich hoher Belastung sogar deutlich geringere Altersgrenzen gelten. Deshalb hat die landesweite Vertrauensleuteversammlung die beigefügte Resolution mit überwiegender Mehrheit (bei nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung) beschlossen und deshalb beschließt der Landesvorstand der GEW Hessen:Die GEW Hessen mobilisiert für eine eintägige demonstrative Arbeitsniederlegung am Dienstag, 17. November 2009 mit den Forderungen:

  • Zeit- und volumengleiche Übertragung der Arbeitsverkürzung aus dem Tarifvertrag durch Rücknahme der Pflichtstundenerhöhung von 2004 und 10.000 zusätzliche Deputatsstunden für die Lehrkräfte an den Schulen ab 1. Februar 2010
  • Fortsetzung der Altersteilzeitregelung und keine Erhöhung des Eintrittsalters in den Ruhestand.

Dabei steht für die GEW auch die Frage der Einstellung zusätzlicher ausgebildeter Lehrkräfte im Zentrum der Kampagne.  Von unmittelbar nach den Herbstferien bis zum 10. November ermittelt die GEW die Beteiligungsbereitschaft unserer Kolleginnen und Kollegen.

Sollten sich mehr als 5.000 Lehrkräfte durch Unterschrift zur Beteiligung an der Arbeitsniederlegung bereit erklären, wird zur Arbeitsniederlegung aufgerufen. (Beschluss des Landesvorstands vom 19. September 2009)

Gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen und das geltende Beamtenrecht - Information aus der Landesrechtsstelle Hessen:

"Die hessische GEW hat seit dem Jahre 1979 wiederholt zum Mittel der Arbeitsniederlegung als gewerkschaftliche Kampfmaßnahme greifen müssen. Diese Aktionen haben zumindest mittel- und langfristig Wirkungen gezeigt. Die den Beamtinnen und Beamten, einschließlich der Lehrkräfte, 1989 verweigerte Beteiligung an der allgemeinen Arbeitszeitverkürzung im Öffentlichen Dienst wurde 1991 nachgeholt. ... Immer noch hält die Mehrheit der Juristen, insbesondere der Gerichte, gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen von Beamtinnen und Beamten während der Arbeitszeit für unzulässig. Die Stimmen, die volle Verhandlungs- und Arbeitskampfrechte für alle Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes als notwendigen Bestandteil einer demokratischen Arbeits- und Sozialordnung ansehen, mehren sich. Insbesondere auf internationaler Ebene begegnet die starre Interpretation des deutschen Beamtenrechtes wachsender Kritik. Ein neuer Aspekt ergibt sich aus zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 12.11.2008 und vom 21.04.2009. In diesen Entscheidungen hat der Europäische Gerichtshof - vereinfacht zusammengefasst – geurteilt, dass ein generelles Streikverbot, das ohne Bezugnahme auf unterschiedliche Formen der ausgeübten (hoheitlichen) Tätigkeit alle Beamtinnen und Beamten eines Staates betrifft, gegen Art. 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt. Daraus lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass Sanktionen gegen streikende Beamtinnen und Beamte, die darauf gestützt werden, dass in einem Mitgliedsstaat ein generelles Streikverbot für Beamtinnen und Beamte gelten soll, als Verstoß gegen die EMRK als rechtswidrig angegriffen werden können. ... Bemerkenswert war die Reaktion der hessischen Landesregierung auf den Streik vom 28.11.2003. Danach ist es zu keinerlei Sanktionen gekommen. Für den Streiktag wurde keine Vergütung gezahlt. Das war alles."

Bessere Arbeitsbedingungen für professionelle Arbeit! Resolution der Vertrauensleute der GEW Hessen

Einer jüngst veröffentlichten Studie der OECD ist zu entnehmen, dass der in Deutschland bekanntermaßen geringe Anteil der öffentlichen Ausgaben für Bildung am Bruttoinlandsprodukt – entgegen aller Sonntagsreden – noch einmal von 5,1 auf 4,8% deutlich gesunken ist. Deutschland liegt im Vergleich der 28 Länder damit auf Platz 24 und ist im Verhältnis zum steigenden Durchschnittswert aller Länder weiter zurückgefallen. Hinzu kommt, dass das Bundesland Hessen innerhalb Deutschlands bei vergleichenden Studien regelmäßig einen der hinteren Plätze belegt. So kommt z.B. die Kultusministerkonferenz (KMK) zu dem Schluss, dass das reiche Hessen bei den Pflichtstunden der Lehrkräfte lediglich von Mecklenburg-Vorpommern (um 0,1!) „übertroffen“ wird. 

Die Pflichtstundenzahl eines Volksschullehrers“ war vor hundert Jahren geringer als heute in Hessen.

Dennoch will die Landesregierung die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte weiter verschlechtern:

  • Die Übertragung der Arbeitszeitverkürzung wird verweigert
  • Die Möglichkeit der Altersteilzeit wurde bereits gestoppt
  • Das Eintrittsalter in den Ruhestand soll erhöht werden.

Anstatt der in der Vergangenheit — insbesondere als es um die Übertragung der Verschlechterungen bei den Beamten auf die Angestellten ging — immer wieder proklamierten Gleichbehandlung von Tarif- und Beamtenbereich Rechnung zu tragen und die Arbeitszeit entsprechend zu reduzieren, soll die extrem hohe Pflichtstundenzahl aufrecht erhalten werden. Die Arbeitszeitverkürzung als ein wesentlicher Teil des Tarifkompromisses soll den Lehrkräften vorenthalten werden. Stattdessen soll als Alibi für die bis zu 50jährigen Lehrerinnen und Lehrer ein Zwangslebensarbeitszeitkonto eingerichtet werden, das allen Betroffenen faktisch überhaupt nichts bringt. 

Anstatt der hohen Arbeitsbelastung in den Schulen durch eine sozial verträgliche Regelung für den Übergang in den Ruhestand Rechnung zu tragen, wurde nicht nur die Möglichkeit der Altersteilzeit gestoppt. In den Schubladen liegen bereits die Pläne zur Erhöhung des Eintrittsalters in den Ruhestand. Dies, obwohl die Lehrkräfte mit durchschnittlich 65,25 Jahren bereits heute faktisch die höchste Altersgrenze haben und in anderen Berufen mit ähnlich hoher Belastung sogar deutlich geringere Altersgrenzen gelten.

Frankfurt, 17. September 2009

Bessere Arbeitsbedingungen