Lehrermangel im DaZ-Bereich

GEW-Wiesbaden-Rheingau fordert ein Konzept zur Sprachförderung in der Ausbildung. Erste Ausbildungsabbrüche sind schon zu vermelden.

Die GEW-Wiesbaden-Rheingau und der Flüchtlingsrat haben in den letzten Monaten immer wieder darauf hingewiesen für die voraussehbar wachsende Zahl an Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern nicht genügend Schulplätze und ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer bereit stehen werden.

 

So gibt es zum Beispiel an der Kerschensteinerschule zurzeit acht InteA-Klassen für die über 16-jährigen Sprachanfänger. In den InteA-Klassen absolvieren die Schülerinnen und Schüler einen Deutschkurs und werden auf das Deutsche Sprachdiplom bzw. auf den Hauptschulabschluss vorbereitet.

 

Dieses Schuljahr ist die Stundenplangestaltung schwierig bis unmöglich, da die Lehrinnen und Lehrer fehlen - von DaZ-Lehrkräften ganz zu schweigen. Erschwerend kommt hinzu, dass Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger aus den Sprachklassen der abgebenden Schulen hinzukommen. So mussten dieses Schuljahr fünf zusätzliche Klassen mit einem erhöhten Bedarf im Unterrichtsfach Deutsch gebildet werden. Dafür braucht man DaZ-Lehrkräfte. Die Stunden wurden zugewiesen, aber der Lehrermarkt ist leergefegt. Für zwei Klassen wurde ein Notstundenplan gestrickt. Gerade in den beiden Klassen fehlt auch noch die Schulsozialarbeit. An anderen hessischen Berufsschulen sieht es nicht besser aus, es fehlen Lehrkräfte allerorts.

 

Die ersten Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern haben jetzt eine Ausbildung begonnen. Viele sind in der Praxis wirklich gut, aber im Berufsschulunterricht kommen sie nicht mit. Einen Ausbildungsplatz nach nur 2 Jahren Sprachunterricht zu finden, spricht für großes Engagement der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern und eine gute Kooperation zwischen Schulen und Betrieben. Umso frustrierender ist es für die Jugendlichen, wenn ihre Berufsausbildung aufgrund von Sprachdefiziten scheitert.

 

Daher fordert die GEW-Wiesbaden-Rheingau schnell ein Konzept zur Sprachförderung in der Ausbildung. Erste Ausbildungsabbrüche sind schon zu vermelden. Ohne Konzept werden nicht nur die Jugendlichen sondern auch die Ausbildungsbetriebe im Regen stehen gelassen.

 

Als wäre die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer nicht schon schwer genug, müssen sie sich noch Sorgen bezüglich des unsicheren Aufenthaltsstatus der Jugendlichen und deren Angst vor Abschiebung machen. Vor den Ferien haben einige afghanischen Schülerinnen und Schüler mit Erreichen der Volljährigkeit einen Abschiebungsbescheid bekommen. Das hat viele von uns schockiert.

 

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisiert, dass die Ablehnung der Asylanträge auf veralteten Informationen der Sicherheitslage in Afghanistan beruhe. In ihrem Bericht stellt UNHCR (Dezember 2016) fest, dass das gesamte Staatsgebiet Afghanistans von einem »innerstaatlichen bewaffneten Konflikt« im Sinne des europäischen Flüchtlingsrechtes betroffen sei. So könne man aufgrund der sich ständig ändernden Sicherheitslage gar nicht zwischen sicheren und unsicheren Regionen in dem Bürgerkriegsland entscheiden. Im ersten Halbjahr 2017 wurden laut dem Bericht der UN-Mission in Afghanistan UNAMA 1.662 Zivilisten getötet und 3.581 verwundet. Seit Juni sind zwar die Abschiebungsflüge nach Afghanistan ausgesetzt – aber niemand weiß, wann sie wieder aufgenommen werden. Laut Pressemitteilung ist der erste Sammelflug für den frühen Abend am 12.09.2017 geplant. Daher fordert die GEW-Wiesbaden-Rheingau einen sofortigen Abschiebungsstopp nach Afghanistan.

 

Mittlerweile mehren sich Presseberichte (z.B. aus Bayern) darüber, dass zunehmend jugendliche Flüchtlinge unter heftigem Polizeieinsatz direkt aus dem Unterricht geholt und abgeschoben werden. Angesichts eines solchen Vorgehens werden sie verständlicherweise oft von irritierten Mitschülerinnen und Mitschüler beschützt. Es führt aber auch dazu, dass Flüchtlinge nicht mehr in die Schule kommen und untertauchen, weil sie Angst vor ihrer Abschiebung haben. Dabei sollen und wollen wir die Jugendlichen bei uns integrieren, sie mit unserer Kultur vertraut machen und ihnen die deutsche Sprache vermitteln. Die Schule muss ein Schutzraum sein, damit Schulung und Ausbildung möglich ist.

 

Die GEW-Wiesbaden-Rheingau fordert von der Hessischen Landesregierung, dem Hessischen Kultusministerium und der Landeshauptstadt Wiesbaden zeitnahe Aufklärung darüber, inwieweit für hessische Schulen solche polizeilichen Eingriffe vorgesehen sind und wie sich Eskalationen wie in Bayern verhindern lassen.

 

Vor diesem Hintergrund regt die GEW-Rheingau-Wiesbaden einen runden Tisch zu dieser Thematik an, damit bayrische Verhältnisse bei uns in Hessen vermieden werden.

 

 

Für das Vorsitzendenteam

 

Manon Tuckfeld und Christine Dietz

 

Christine Dietz, Christina Gerhardt, Victoria Gulitz, Manon Tuckfeld, Michael Zeitz

(Vorsitzenden-Team des KV Wiesbaden-Rheingau)