Inklusion: Wir brauchen kein Etikett, wir brauchen Maßnahmen!

Wiesbadener Bildungsgespräche | Veranstaltung der GEW Wiesbaden am 30.11.2011

Das Interesse war groß. Etwa 1oo Besucher waren zum Vortrags-und Diskussionsabend im Rahmen der Wiesbadener Bildungsgespräche der GEW in die Hebbel-Schule gekommen. Der Diplompädagoge und Förderschullehrer Johannes Batton (Grundschule Bad-Sooden Allendorf) hielt einen beeindruckenden Vortrag zur Situation in Hessen: Die BRD gehört nach wie vor mit etwa 17% integriert beschulten Schülerinnen und Schülern zu den europäischen Schlusslichtern in Sachen Inklusion.

Dies gilt auch für hessische Schulen.

Da ist zuerst mal ein Rechenexempel als Maß für Qualität. So stieg die Schülerzahl (der Integrationskinder) seit 1994/95 von 500 auf etwa 3000 bis 4000 in 2010. Die Lehrerzuweisung dagegen stagnierte oder sank gar statt mit den steigenden Schülerzahlen zu wachsen. Wir alle wissen, für gelingende Inklusion müssen Ressourcen eingesetzt werden, sowohl sächlicher, finanzieller als auch personeller Art!

Seit 2009 ist die Behindertenkonvention Rechtsgrundlage in der BRD. Das hätte bedeuten müssen, dass alle aufbringbaren Ressourcen aus dem Förderschulbereich (der dann hätte schrumpfen können) in den Regelschulbereich gesteckt werden, damit das System sukzessive die Kinder aufnehmen und in einem angemessenen Rahmen mit einer entsprechenden Anzahl an LehrerInnen beschulen kann.

Hessens Regierung will aber die Inklusion offenbar zum Nulltarif, quasi kostenneutral. Dies ist für die GEW keine Option und auf keinen Fall hinnehmbar.

Auch die Besucher der Veranstaltung machten ihrem Ärger über das Vorgehen der Regierung wortreich Luft: In der lebhaften Diskussion wurde diese Politik Rückschritt genannt gegenüber der Phase vor 20 Jahren, als sich die ersten Schulen für gemeinsamen Unterricht (GU) aussprachen. Zitat Schulleitung Anton–Gruner-Schule: Dieses System wird errichtet auf den Trümmern des funktionierenden gemeinsamen Unterrichts.

Bei Licht betrachtet hat das Vorgehen der Landesregierung durchaus Methode: Sie geht von einer (insgeheim gewussten) unrealistischen politischen Prämisse aus, der Kostenneutralität, bei gleichzeitigem Erhalt des Doppelsystems von Förderschule und inklusiver Beschulung. Spätestens jetzt kann man ruhig mutmaßen: Das eigentliche Ziel dieser Landesregierung ist die Niedrighaltung der Inklusionsrate.

Batton betonte, dass auch die zeitaufwendigen und hinauszögernden Überprüfungsverfahren (durch die Förderausschüsse) kontraproduktiv sind. An deren Stelle gehört eine konsequente, rasche, systemische Eingliederung der Kinder in die Regelklasse. Das kostet Geld. Geld, das Hessen zu Ungunsten der Kinder und deren Eltern auf keinen Fall ausgeben will.

Was tun? 

Widerstand ist nötig. Mehr Öffentlichkeit muss hergestellt werden. Informationen müssen zeitnah fließen. Schulleitungen sollten in Absprache handeln.

Und die GEW?

Die Sprecherin der Elterninitiative Pepino e.V. Wiesbaden betonte, dass der Verein gerne in Zusammenarbeit mit einer großen Organisation wie der GEW Veranstaltungen planen und Aktivitäten (Infostände, Straßenaktionen etc.) unterstützen möchte.

Tun wir’s einfach! Machen wir Front gegen die obrigkeitliche Verwässerung einer guten Idee.

Ein ausführlicher Bericht erfolgt in der nächsten WLZ (Wiesbadener LehrerInnenzeitung)