Hallo Herr Rentsch - bitte mal lesen!

Anlässlich des Streiks der Lehrerinnen und Lehrer am 17.11.09

Sehr geehrter Herr Rentsch, anlässlich des Streiks der Lehrerinnen und Lehrer am 17.11.09 äußerten Sie sich kritisch in Hinblick auf die Berechtigung dieser Aktion; sie behaupteten, der Streik sei „unzulässig“; außerdem vertraten Sie die Ansicht, dass es keinen Grund gebe zu streiken, denn „die Bedingungen (an den hessischen Schulen) seien besser als in anderen Bundesländern…….(Lehrkräfte) hätten Eltern und Kinder im Stich gelassen."

Auf die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Streiks von Beamtinnen und Beamten möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, dazu gibt es kompetente  und rechtstaatlich fundierte Aussagen, z.B. die des europäischen Gerichtshofes.

Was mich als seit Jahrzehnten im hessischen Schuldienst tätige Förderschullehrerin allerdings sehr verblüfft ist Ihre Ansicht, in Hessen seien die Bedingungen an Schulen besser als in anderen Bundesländern. Da muss mir doch einiges an wichtigen Veränderungen entgangen sein denn bis jetzt haben wir in Hessen

  • Die längste Pflichtstundenzahlen bzw. Arbeitszeit von Beamtinnen und Beamten (42 Stunden) im Vergleich zu den anderen Bundesländern
  • keine adäquate Umsetzung der Absenkung der Wochenarbeitszeit von Beamtinnen und Beamten für Lehrkräfte in Hessen
  • Klassengrößen immer noch auf Höchstniveau, Verbesserungen sind kaum spürbar
  • Ganztagsangebote, die nur  schleppend und in keinem Fall bedarfsgerecht ausgebaut werden,  Rheinland- Pfalz ist uns hier beispielsweise meilenweit voraus
  • keine anteilige Finanzierung von Schulsozialarbeit durch das Land, dies wurde gerade wieder von der Regierung zurückgenommen
  • viele Schulgebäude (v.a. in der Landeshauptstadt Wiesbaden), deren Zustand dermaßen desolat ist, dass nach Aussagen der betroffenen Kommunen diese Gebäude oft abbruchreif sind und/oder eine direkte Gefährdung für Schülerinnen und Schüler sowie für Lehrkräfte darstellen
  • bald nicht mehr die Möglichkeit, Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen

Die GEW Wiesbaden möchte Ihnen den Vorschlag machen, sich persönlich von diesen Zuständen zu überzeugen: Suchen Sie eine Schule, z.B. eine Grundschule (Johannes – Maaß – Schule, Freiherr - vom Stein – Schule),  eine Förderschule (Comeniusschule, August – Hermann –Francke – Schule, Albert –Schweizer – Schule)  oder eine Berufsschule (Kerschensteinerschule Außenstelle) …….auf, führen Sie Gespräche mit betroffenen Kolleginnen und Kollegen, sehen Sie sich aufmerksam in diesen Gebäuden um und denken Sie darüber nach, ob das z.B. für Sie oder Ihre Kolleginnen und Kollegen der Landesregierung ein erstrebenswerter Arbeitsplatz wäre.

Wir möchten Sie bitten, in Zukunft im Interesse einer fairen und sachlichen Auseinandersetzung polemische und eindeutig unwahre Äußerungen zu unterlassen. 

Mit freundlichen Grüßen      

Katja Plazikowsky