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Koalition für Integration und Inklusion e.V. und der Gruppe InklusionsBeobachtung
„Relativieren, Leugnen und Ablenken – das sind bisher die amtlichen Reaktionen auf die Präsentation unseres Schwarzbuches Inklusion, mit welchem die Öffentlichkeit in dieser Woche auf die strukturelle Verhinderung des Menschenrechts auf inklusive Beschulung in Hessen aufmerksam gemacht wurde“, so Prof. Dr. Anne-Dore Stein, Vorsitzende des Vereins Politik gegen Aussonderung.
„Dabei darf es auf keinen Fall bleiben!“, so Stein weiter. „Jedes Kind hat bereits heute einen Anspruch auf inklusive Beschulung. Was stattdessen jedoch unter dem Namen vermeintlicher Inklusion in Hessen realisiert wird, sind schlechtere Bildungsbedingungen als es diese bereits seit Jahren gab. Tatsächlich werden zurzeit in Hessen immer mehr Kinder mit Beeinträchtigungen immer weniger inklusiv beschult, weil immer schlechteren Bedingungen ausgesetzt. Eine Praxis, die nicht nur gegen geltendes Völkerrecht verstößt, sondern offenbar den Inklusionsgedanken selbst zu diskreditieren sucht.“
„Kindern mit Beeinträchtigungen nur dann Zugang zur Regelschule zu gewähren, wenn hier die entsprechenden Mittel vorhanden sind, diese zugleich jedoch nicht bereitzustellen, ist blanker Hohn“, ergänzt Birgit Koch, stellvertretende Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW Hessen. Und führt weiter aus: „Hinzu kommt, dass die Landesregierung unter dem Deckmantel eines inklusiven Schulwesens heimlich Sparmaßnahmen realisiert. Allein durch den Wegfall der Klassenhöchstgrenzen, die es zuzeiten des Gemeinsamen Unterrichtes noch gab, hat das Land mal eben 350 Stellen gekürzt.“
„Wie schlecht die Bedingungen faktisch allerorten sind, verdeutlichte unlängst eine Förderschuldirektorin und BFZ-Leiterin, die mir einfach ins Gesicht sagte: ‚Sie können mich jetzt auf den Kopf stellen und schütteln, es fallen aber trotzdem keine weiteren Förderstunden mehr heraus‘“, erläutert Dr. Dorothea Terpitz, Vorsitzende von Gemeinsam leben Hessen e.V. „Dringend notwendige Förderstunden, wohlgemerkt!“
„Ich bin Förderschullehrer und habe 20 Jahre im Gemeinsamen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern gearbeitet“, ergänzt Lehrer und GEW-Mitglied Johannes Batton. „Ich weiß daher, was möglich ist, weiß, dass es bei den entsprechenden Rahmenbedingungen gelingt, auch schwerbehinderte Kinder in Regelschulen gut zu fördern und dass dies ein Gewinn für alle Beteiligten ist. Ich bin daher schlicht empört, zu sehen, wie das Land Hessen nun ausgerechnet das Inklusionsgebot der UN zum Vorwand nimmt, ein Sparkonzept zu realisieren und den Inklusionsgedanken, in Folge aber womöglich sogar die Kinder mit Beeinträchtigungen selbst, zu diskreditieren. Nein, Hessen verwirklicht keine Inklusion, Hessen vereitelt sie!“
Der Verein Politik gegen Aussonderung und die Gruppe InklusionsBeobachtung (GIB) Hessen stellen fest, dass Frau Kultusministerin Beer offenkundig nicht an der Realisierung menschenrechtlicher Verpflichtungen interessiert zu sein scheint. Wie anders ließe es sich sonst erklären, dass in allen bisherigen ministeriellen Ver- lautbarungen betreffend der von uns aufgezeigten Missstände:
Eltern, Schülerinnen und Schüler, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter haben mit dem Schwarzbuch ein Brandbuch verfasst, um auf DIESE Missstände in der Umsetzung der Behinder- tenrechtskonvention in Hessen hinzuweisen; um darauf hinzuweisen, dass die Unterstützung der Kinder in Regelschulen NICHT sichergestellt wird und die Eltern durch mangelnde Ressourcen förmlich dazu gezwungen werden, ihr Kind wider geltendes Recht 'freiwillig' an einer Förderschule anzumelden.
Im Schwarzbuch wird die Art und Weise, wird das WIE der Umsetzung der Inklu- sion in Hessen angeprangert. Wie die Analyse der 65 Fälle EXEMPLARISCH zeigt - und dies ist nicht zu bagatellisieren durch die Anzahl von 65 -, SIND diese Fälle keine Einzelfälle, sondern stehen typisch für die Gesamtsituation.
Im Schwarzbuch sind in der Sammlung der Fälle auch positive Beispiele beschrieben, aber dort haben die Eltern eindeutig formuliert, dass dies nur durch ihren harten Kampf und TROTZ des behördlichen Umgangs mit ihnen und ihren Kindern und nur durch besonders engagierte Kolleginnen und Kollegen sowie ggf. Schulleitungen so realisiert werden konnte.
Die Analyse der Fälle im Schwarzbuch hat ergeben, dass in Hessen SYSTEMATISCHE PROBLEME vorliegen, die politisch gelöst werden müssen. Wenn inklusive Beschulung, wie im § 24 der Behindertenrechtskonvention gefordert, qualitativ hochwertig, d.h. auf die Bedürfnisse der Kinder zugeschnitten, umgesetzt werden soll, bedarf es hierzu eines Masterplans! Es muss Planungssicherheit hergestellt werden.
Wenn aber, wie dargestellt, unzureichende finanzielle Ressourcen, unzureichende Klärung von Kostenzuständigkeiten, unzureichende Aus-, Fort- und Weiterbildung, unzureichende Beratung und Begleitung der Schulen sowie unzureichende Bewusstseinsbildungsmaßnahmen aller Beteiligten die Realisierung des Rechts auf inklusive Beschulung bestimmen, dann KANN eine qualitativ hochwertige Erziehung und Bildung behinderter Kinder nicht erfolgen und wird Inklusion zum Scheitern gebracht!
Dass dies womöglich sogar intendiert ist, dass also Stimmung gegen Inklusion und inklusive Beschulung erzeugt werden soll, vermutet auch Johannes Batton von der Bildungsgewerkschaft GEW Hessen: „Im Namen der Inklusion treibt das Ministerium zunehmend einen Keil zwischen Regel- und Förderschullehrkräfte. Schon jetzt sind wachsende Ressentiments zwischen beiden feststellbar. Aus ihrer jeweiligen Überforderungssituation heraus beklagen jedoch alle einen unhaltbaren Zustand: Die einen sind im Unterricht auf sich allein gestellt, erhalten nur Beratung, wie sie ein Kind besser fördern können, nicht aber das, was sie und die Kinder benötigen. Frustriert verzichten sie in vielen Fällen schließlich auf weitere Beratungsanfragen, eine fatale aber offensichtlich gewollte Konsequenz, die zudem nach außen den falschen Eindruck transportiert, ein Bedarf sei gar nicht gegeben. Die anderen, häufig noch Klassenlehrer an ihrer Förderschule, fühlen sich zwischen einer Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben zerrieben, beklagen mangelnde Offenheit und Kooperationsbereitschaft und haben das Gefühl, wie es in einer Resolution heißt, in der 'Bedeutungslosigkeit zu versinken‘. Die Trennung zwischen denen, die unterrichten, und denen, die nur im Bedarfsfall hinzugezogen werden, um zu beraten, ist fatal für die Entwicklung einer inklusiven Schule, die unbedingt auch inklusive Kollegien braucht, hat aber System“, so Batton hierzu.
Kein Wort zu alledem jedoch von der hessischen Kultusministerin!
„Mit Schweigen und Ignorieren muss jetzt Schluss sein, Frau Beer! Ihr Spar- und Täuschungsprogramm nehmen wir nicht länger hin! Legen Sie endlich einen Plan vor, damit Inklusion in Hessen wirklich realisiert werden kann“, fordert daher Anne-Dore Stein, Vorsitzende des Vereins Politik gegen Aussonderung – und fordert mit ihr die Gruppe InklusionsBeobachtung (GIB) Hessen, ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis, in dem die folgenden Institutionen organisiert sind: