FAZ (20.08.12) und HR (21.08.12) melden:

Rechnungshof wirft der Hessischen Landesregierung u.a. schwere Versäumnisse bei der EBS-Förderung vor

"… demnach hat die Landesregierung weder Zahlungsfähigkeit noch Kreditwürdigkeit der privaten EBS-Hochschule ... geprüft, bevor sie Steuergelder in Millionenhöhe überwies ..."

Auch wenn es sich bislang nur um einen 'Berichtsentwurf' handelt, der der hessischen Landesregierung (Wissenschafts- u. Finanzministerium) zur Stellungnahme vorgelegt wurde, bevor der Rechnungshof seine Endfassung dem Landesparlament zur Beratung unterbreitet, sorgten nach Darstellung der FAZ u.a. die Gerüchte um eine "bevorstehende Insolvenz der EBS" für erhebliche Irritationen. Die FAZ zitiert dazu einen Sprecher der Behörde mit den Worten: "So krass würden wir das nicht sagen."

Stellungnahme der GEW-Wiesbaden zur aktuellen Entwicklung im EBS-Skandal:

Wir fordern den Oberbürgermeister und Kämmerer der Stadt Wiesbaden, Herrn Dr. Müller, den hessischen Justizminister Hahn und den Wirtschaftsminister Rentsch auf, zur Causa EBS endlich Stellung zu nehmen und einen Sachstandsbericht zu veröffentlichen. Als Mitglieder verschiedener EBS-Gremien haben sie Kenntnis von den internen Vorgängen an der Hochschule gehabt.

Damit könnte es gelingen, dass der EBS-Subventionsnebel sich endlich lichtet und dem hessischen Landesrechnungshof zusätzliche Informationen im Hinblick auf die bereits festgestellte Zweckentfremdung staatlicher Steuergelder - im Zuge der Förderung der eigentlich privaten EBS (European Business School) beim Aufbau einer juristischen Fakultät - zur Verfügung gestellt werden.

Zur Erinnerung:

Wegen falscher Mittelverwendung forderte das hessische Wissenschaftsministerium mittlerweile bereits 950.000 Euro von der EBS zurück. Die zuständige Ministerin, Kühne-Hörmann, lieferte dazu eine aufschlussreiche Begründung:

Die Rückforderung beruhe auf Fehlbuchungen, denn die Projektzuordnung (Entwicklung zu einer Business-Law-School) habe sich erst noch einspielen müssen (FR vom 01.Sept.2011).

Heißt das etwa, dass die angeblich bestens aufgestellte EBS-BWL-Topadresse ausgerechnet in ihrer Paradedisziplin schwächelt? Handelt es sich um Absicht oder Inkompetenz?

Dieser durchsichtige Versuch der hessischen Wissenschaftsministerin, harmlose Fehlbuchungen für die Zweckentfremdung unserer Steuermittel verantwortlich zu machen, beschädigte das EBS-Renommee zusätzlich.

Aufgrund der nahezu täglich zunehmenden Ungereimtheiten (vgl. Berichte von Wiesbadener Tagblatt und - Kurier, Frankfurter Rundschau, Wirtschaftswoche, FAZ und  HR-online) muss es doch im Interesse aller Beteiligten sein, wenn endlich alle EBS relevanten Vorgänge in Stadt und Land offengelegt und überprüft werden.

Vor diesem Hintergrund erklärt die GEW-Wiesbaden: Im EBS-Skandal muss alles auf den Tisch und zwar sofort!

Damit verbinden wir seit Wochen folgende Forderungen:

  • Offenlegung des abschließenden Berichts des Landesrechnungshofes und ggf. Einrichtung eines Untersuchungsausschusses (Hessischer Landtag)
  • Öffentliche Stellungnahme (Sachstandsbericht) des Wiesbadener Oberbürgermeisters und Kämmerers Dr. Müller, insbesondere in seiner Funktion als Mitglied des Stiftungsvorstands der EBS
  • Offenlegung des bereits vorliegenden Untersuchungsberichts der Wirtschaftsprüfer, die die Zweckentfremdung von hessischen Steuermitteln durch die EBS aufdeckten und dazu beitrugen, dass die EBS etwa 950.000 Euro zurückzahlen musste
  • Aufklärung darüber, ob öffentliche Fördergelder von der EBS auch haushaltstechnisch eingesetzt wurden, um eine finanzielle Schieflage zu kompensieren
  • Aufklärung darüber, ob der ehemalige EBS-Präsident, Dr. Jahns, im Zusammenhang mit seiner Kündigung aus öffentlichen Fördergeldern abfindungsähnliche Beträge erhalten hat
  • Aufklärung darüber, ob das Land Hessen der EBS im Zusammenhang mit der Finanzierung der vorgesehenen Errichtung einer Business-Law-School in der Moritzstraße eine Garantieerklärung über ca. 36 Millionen Euro gewährt hat
  • Aufklärung darüber, ob bereits in früheren Jahren finanzielle Engpässe der EBS bekannt waren

Im Übrigen ist die GEW-Wiesbaden der Auffassung, dass eine Institution, die derart unseriös, ja beinahe betrügerisch unsere Steuergelder zweckentfremdet, keiner weiteren Förderung von Stadt und Land würdig ist. Es dreht sich bei diesem skandalösen Sachverhalt nicht nur um das Fehlverhalten einiger Personen, sondern womöglich um ein kreativ vernetztes "EBS-System". 

Die zugesagten bzw. bereits geflossenen Steuermittel in Höhe von ca. 65 Millionen Euro müssen dem Land Hessen und der Stadt Wiesbaden wieder haushaltswirksam zur Verfügung stehen.

Inzwischen wird die Lage der EBS offenbar immer dramatischer:

So kritisierte die Deutsche Post AG bereits Ende 2011, dass die EBS-Uni die korrekte Verwendung von Stiftungsgeldern nicht nachweisen kann und hatte deshalb die Stiftungsgelder eingefroren. Der neue EBS-Präsident Prof. Cremer soll sogar geäußert haben, er könne nicht ausschließen, dass die EBS nicht zu retten sei (vgl. Wirtschaftswoche).

Aktuell meldet die Frankfurter Rundschau vom 21.08.2012, dass "… dpa ein Brief an Hessens Regierungschef Bouffier (CDU) vorliegt, in dem Jahns erhebliche Zweifel an der Finanzkraft der EBS anmeldet ..."

Die GEW-Wiesbaden fordert die Stadt Wiesbaden sowie die hessische Landesregierung auf, sich in Zukunft mit ihrem EBS-Enthusiasmus gleichermaßen für unsere LIV (Lehrer im Vorbereitungsdienst), für eine gelingende Inklusion und z.B. baufällige Wiesbadener Schulen zu engagieren.

Die jungen LIV-KollegInnen und ebenso die "Sanierungsschulen" verfügen leider nicht über zahlungskräftige Sponsoren oder Eltern, die pro Jahr rund 13.000 Euro für die Ausbildung ihrer Kinder an einer umstrittenen, eng aufgestellten Mini-Uni aufbringen können.

MERKE: Bildung darf in einer demokratischen Gesellschaft nicht zu einer Ware für nur einige wenige verkommen!

PS. Wir schlagen vor, dass die Deutsche Post AG die eingefrorenen Stiftungsgelder übergangsweise den Wiesbadener Sanierungsschulen zur Verfügung stellt. Gemeinsam mit den eingefrorenen 10 Millionen Euro der  Stadt Wiesbaden könnte damit diesen vernachlässigten Schulen eine Anschubfinanzierung ermöglicht werden.

Geförderte Hochschule www.faz.net
Bericht des Rechnungshofs www.faz.net