Erzieher/-innenausbildung zwischen Ausbildungsverkürzung und Akademisierung

TeilnehmerInnen des GEW-Fachtags lehnen eine Verkürzung der Ausbildung ab

"Das Hessische Kultusministerium und das Hessische Sozialministerium planen die Ausbildungzeit zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher insgesamt zu verkürzen. Insbesondere soll das Berufspraktikum von einem Jahr auf ein halbes Jahr reduziert werden. Diese Absichten lehnt die GEW Hessen ab. Noch im Januar des Jahres hatten sich Bund, Länder und Sozialpartner darauf geeinigt, die Fachschulausbildung im Deutschen Qualifikationsrahmen auf Stufe 6 – analog zur Bachelor -Ausbildung – einzustufen. Diese Einstufung entspricht der Dauer und Intensität der bisherigen Ausbildung. Sie hätte konsequenterweise eine höhere Eingruppierung im Tarifgefüge des Öffentlichen Dienstes nach sich ziehen müssen wie sie anderen Berufsgruppen mit ähnlicher Qualifikation (Technikern) eben auch gewährt wird.

Offenbar im Vorgriff auf mögliche Forderungen der Kommunen, dieser tariflichen Bewertung auch entsprechende finanzielle Mittel gegenüberzustellen, planen die verantwortlichen Ministerien das Kompetenzniveau 6 DQR durch eine Verkürzung der Ausbildung nun gleich wieder abzusenken. Die Hessische Schuldenbremse gibt so vor, wie diejenigen ausgebildet werden sollen, an deren fachliche Kompetenzen vielfältige und höchste Ansprüche von Seiten der Arbeitgeber gestellt werden. Das passt nicht zusammen! Nicht eine Verkürzung der Ausbildung wird den gestiegenen gesellschaftlichen Anforderungen gerecht, sondern eine Weiterentwicklung des Berufsbildes! 

Dieser Weiterentwicklung stehen vor allem finanzielle Argumente immer wieder entgegen. Die GEW fordert seit langem, eine gemeinsame Pädagogenausbildung auf Hochschulniveau – unabhängig vom Alter der Kinder. Trotz vollmundiger Sonntagsreden zur Bildung sperren sich die politisch Verantwortlichen gegen diese Höheransiedlung der Erzieherinnenausbildung. Nicht um die bestmögliche Erziehung und Bildung der Kinder geht es, sondern darum, dass man sie sich nicht leisten will! So gerät der gesetzlich verankerte Anspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr unter die Räder, so gerät die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin/zum staatlich anerkannten Erzieher unter die Räder! … Die enge Verzahnung von Theorie und Praxis stellt in der bisherigen Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher eine besondere Qualität dar. Gerade im Berufspraktikum wird eigenes theoretisch erworbenes Wissen erprobt, eigenes eigenverantwortliches Handeln erlernt und hinterfragt. Die GEW warnt davor, gerade diese Lernphase zu verkürzen. Bereits heute werden im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen des Quereinstiegs Möglichkeiten der Verkürzung teilweise sehr exzessiv genutzt. Doch die hier gemachten Erfahrungen zeigen, wie schwer gerade die Umsetzung sozialpädagogischer Theorie in sozialpädagogische Praxis tatsächlich ist. Das Berufspraktikum schließt mit einer Prüfung ab, für die gelernt, für die Berichte geschrieben und sich allgemein vorbereitet werden muss. All dies muss bewältigt werden. Eine Verkürzung um ein halbes Jahr würde ein Übergewicht der Prüfungsphase beinhalten, die nur noch wenig Raum für die Entwicklung eines eigenverantwortlichen, selbständigen und kompetenten Handelns in der beruflichen Praxis ließe. Erzieherinnen und Erzieher sind voll verantwortlich für jedes einzelne Kind, welches ihnen anvertraut wird. Daher verbietet sich jede Schmalspurausbildung von selbst!"

(Resolution der TeilnehmerInnen des Fachgesprächs der GEW Hessen zur ErzieherInnenausbildung am 21. März 2012 in Frankfurt am Main)