EBS, die nächste Runde:

Wie 12,5 Millionen Steuergelder privatisiert werden

Die Stadt Wiesbaden zählt zu den Mitgliedern des Kuratoriums der EBS-Stiftung. OB Müller ist Vorstandsvorsitzender der "EBS Gesellschaft Rheingau/Wiesbaden". Dieser gemeinnützige Verein macht sich stark für den Auf- und Ausbau der Beziehungen zwischen der EBS und den Bürgern, Unternehmen und Organisationen aus Wirtschaft und Politik zur Förderung der privaten "European Business School".

Mit 12,5 Millionen Steuergeldern will OB Müller eine "offene Wunde der Stadt" schließen. Den Betrag soll die private "European Business School" (EBS) als "Anschubfinanzierung" bekommen, damit Wiesbaden endlich auch "Universitätsstadt" werden kann.

In der aktuellen bildungspolitischen Diskussion wird es mittlerweile europaweit als Skandal bezeichnet, dass Bildungschancen junger Menschen zunehmend vom sozialen Status des Elternhauses abhängig sind. Unsere Verfassung stellt dazu in Artikel 7, Absatz 4 fest, dass auch in Privatschulen "...eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird." Bei der EBS ist es offensichtlich, dass bei Studiengebühren von aktuell 12.000 Euro pro Jahr diese verfassungsrechtlich unerwünschte 'Sonderung' faktisch eintritt. Und das alles, damit Wiesbaden als Universitätsstadt firmieren darf.

Bis auf die "Linke Liste" haben alle Rathausfraktionen Müllers Begehren in der Finanzausschusssitzung am 18.3.09 zugestimmt. Die Linke Liste möchte das Geld lieber in die Sanierung und Ausstattung der Wiesbadener Schulen stecken. Herr Schlemp (FDP) kann es "nicht mehr ausstehen, dass immer und immer wieder eine Konkurrenzsituation zwischen der EBS und den öffentlichen Schulen" hergestellt werde. Für die Schulen wurden in den letzten zwei Jahren genug Mittel eingesetzt. Mehr ginge zur Zeit nicht, weil es dafür keine Handwerker mehr gäbe.

Die GEW-Wiesbaden meint vor diesem Hintergrund, es stünde der Landeshauptstadt Wiesbaden auf dem Weg zu einer anerkannten Universitätsstadt besser zu Gesicht, sich mit der Kooperation unserer Wiesbadener Fachhochschule und einer breit aufgestellten öffentlichen Universität zu schmücken, anstatt mit beträchtlichen Steuergeldern eine von der angeblichen Wirtschaftselite geprägte rein private Hochschule zu alimentieren. Die GEW fordert die Rathausfraktionen nachdrücklich dazu auf, die Gelder in die dringend notwendige Schulsozialarbeit zu stecken.

Aber auch die Wiesbadener Fachhochschule hat einen Sanierungsbedarf von gut acht Millionen Euro ermittelt, was nur die schlimmsten Fälle abdecken würde, wie Prof. Dr. Reymann, der Präsident der Fachhochschule in einem Interview mit der IHK, fesstellte. An der FH studieren etwa 9 Tausend Studenten und sie platzt aus allen Nähten.

Die GEW Wiesbaden unterstützt ausdrücklich die Kritik des FH-Präsidenten an der Alimentierung der privaten EBS mit Wiesbadener Steuergeldern und schlägt vor, auf einer gemeinsamen öffentlichen Veranstaltung ein Bündnis gegen dieses Vorhaben auf den Weg zu bringen.

Frankfurter Rundschau

FH Brief Reymann