Pressemitteilung: Bildungsgewerkschaft kritisiert massive Versäumnisse des Schulträgers in Wiesbaden
Die Bildungsgewerkschaft GEW schlägt Alarm: Eine aktuelle Befragung der Personalräte an Wiesbadener Schulen zeigt gravierende Mängel in nahezu allen Aufgabenbereichen des Schulträgers „Stadt Wiesbaden“. Von baulichen Missständen über fehlende Arbeitsplätze bis hin zu personeller Unterversorgung – die Ergebnisse dokumentieren eine Schulrealität, die mit den politischen Bildungsansprüchen nicht vereinbar ist. Die Gewerkschaft fordert entschlossenes und sofortiges Handeln von Seiten des Schulträgers.
Marode Gebäude und sanitäre Notstände: Lern- und Arbeitsbedingungen unhaltbar
Besonders deutlich wird der Investitionsstau bei der baulichen Infrastruktur: Fast 70 % der befragten Personalräte bestätigen einen akuten Sanierungsbedarf an ihren Schulen. Die baulichen Mängel reichen von undichten Fenstern über Schimmelbildung bis hin zu maroden Decken und in die Jahre gekommenen Fachräumen.
Noch drastischer zeigt sich die Situation bei den sanitären Anlagen: Mehr als 65 % der Schulen bezeichnen die Toilettensituation als unzureichend – eine Belastung für Schüler*innen sowie für das Kollegium. Teilweise fehlt es an Sauberkeit, ausreichender Toilettenzahl oder funktionierender Ausstattung. In einigen Schulen stehen nicht einmal ausreichend Waschbecken zur Verfügung, mitunter gibt es nur kaltes Wasser – ein Zustand, der hygienischen Standards klar widerspricht.
Der Ganztag benötigt Räume
Die bauliche Situation ist vor dem Hintergrund des Anspruchs auf den Ganztag 2026/27 besonders dramatisch. Weder Schulküchen, noch ausreichende und entsprechend ausgestatte Räumen stehen zur Verfügung. Wenn Ganztag nicht die Verlängerung des Sitzens im Klassenzimmer sein soll, sondern altersgerechte Angebote stattfinden sollen, dann benötigt es weitere und andere räumliche Angebote, die Bewegung, Rückzug, Lernen, Spielen, Sport und Meditation ermöglichen. Diese räumliche Situation zu schaffen ist ausschließlich die Aufgabe des Schulträgers. Wenige der angedachten Multifunktionsräume erfüllen diese Funktion. Gleichzeitig wird der "eigene" Lernraum genommen, was insbesondere für Grundschulen pädagogisch katastrophal ist. Bilder, Materialien, Geburtstagkalender - nach Jahren wird der Lernort als dritter Pädagoge wird kommentarlos und kopflos beseitigt.
Fehlende Arbeitsplätze und Räume für pädagogische Arbeit
Auch die räumliche Ausstattung ist vielerorts nicht zeitgemäß. Über 85 % der Schulen berichten, dass nicht genügend Lehrer*innenarbeitsplätze zur Verfügung stehen. Pädagogisches Arbeiten – etwa die Vor- und Nachbereitung von Unterricht, Beratungsgespräche oder Konferenzen – muss oft in wenig geeigneten Nebenräumen stattfinden.
Besonders problematisch ist der Mangel an Differenzierungsräumen. Weniger als ein Viertel der befragten Schulen gibt an, über ausreichend Multifunktions-, Ruhe- oder Gruppenräume zu verfügen. Inklusions- und Förderarbeit, aber auch individuelle Lernformen werden dadurch erheblich erschwert.
Hausmeister und Sekretariate überlastet – Personal fehlt an allen Ecken
Auch bei der personellen Ausstattung durch den Schulträger zeigen sich gravierende Lücken. Über 40 % der Schulen verfügen nicht über ausreichend Sekretariatsstunden, und auch im hausmeisterlichen Bereich besteht laut einem Drittel der Rückmeldungen erheblicher Nachholbedarf. Die Folge: Organisatorische Aufgaben bleiben liegen, dringende Reparaturen verzögern sich, und pädagogisches Personal wird mit Verwaltungsaufgaben belastet.
Hitzefalle Klassenzimmer
Ein weiteres Problem, das durch die fortschreitende Klimakrise verschärft wird: Nur etwa 23 % der Schulen sind auch an heißen Sommertagen gut nutzbar. Die überwältigende Mehrheit leidet unter unzureichendem Hitzeschutz – ein Umstand, der sowohl das Lernklima als auch die Gesundheit gefährdet.
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Gewerkschaft fordert Sofortmaßnahmen und strukturelle Wende
„Die Ergebnisse dieser Umfrage sind mehr als ein Hilferuf – sie sind ein dokumentierter Notstand an unseren Schulen“, erklärt die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW.
Im Rahmen der Veranstaltung „Demokratie verteidigen – Für gute Arbeit und Mitbestimmung in den Betrieben“, bei der anlässlich des Internationalen Tages der Arbeit Vertreter*innen der Gewerkschaften mit dem Oberbürgermeister und der Stadtpolitik Wiesbadens zusammenkommen, konnte die Vertreterin der GEW für die Schulen die Stadt Wiesbaden als Schultäger auf die eklatanten Mängel aufmerksam machen.
Wichtig ist, so die Kollegin Tuckfeld ist, dass sich die Verantwortung des Schulträgers durch klare Prioritäten, eine transparente Sanierungsstrategie und eine spürbare personelle Entlastung an den Schulen auszeichnet.
Die Bildungsgewerkschaft GEW fordert unter Rückgriff auf die aktuellen Ergebnisse der Umfrage:
Die Gewerkschaft wird durch die Kolleg*innen im Gesamtpersonalrat Schule die Ergebnisse der Umfrage in den anstehenden Schulträgergesprächen thematisieren. Die GEW ist sicher, dass an den detaillierten Ergebnissen ein großes Interesse besteht und sicher Verbesserungen erreicht werden können.
„Es geht um die Qualität unserer Bildung – und die beginnt bei den Bedingungen, unter denen sie stattfindet“, so die Gewerkschaftsvorsitzende abschließend.