GEW Wiesbaden-Rheingau fordert unabhängige Beschwerdestelle für Lehrkräfte –

Schulamt muss endlich handeln

Pressemitteilung vom 31.03.2025

Die GEW Wiesbaden-Rheingau begrüßt, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes der Sichtweise des Gesamtpersonalrats Recht gibt. Sie ist der Auffassung, „dass eine Beschwerdestelle möglichst "neutral" besetzt und nicht weisungsgebunden sein sollte. Auch sollten Doppelmandatierungen vermieden werden. Zudem empfehlen wir, dass es neben einer AGG-Beschwerdestelle eine vertrauliche Anlaufstelle im Vorfeld geben sollte, an die sich Betroffene im Vertrauen wenden und über das offizielle AGG-Beschwerdeverfahren aufgeklärt werden können.“

(hier die Pressemitteilung des Gesamtpersonalrats: GEW Wiesbaden: Lehrkräfte fordern unabhängige Beschwerdestelle)

Die GEW teilt in vollem Umfang die Kritik des Gesamtpersonalrats (GPRS) und fordert mit Nachdruck die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle nach den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Das Schulamt hält jedoch weiterhin an einer höchst problematischen Regelung fest: Beschwerden müssen direkt an die Schulamtsleitung gerichtet werden – eine Lösung, die faktisch keine ist.

Die GEW Wiesbaden-Rheingau ist alarmiert über die aktuellen Entwicklungen im Umgang mit Diskriminierungs- und Belästigungsfällen im Schulamtsbezirk Wiesbaden-Rheingau-Taunus. Die jüngsten Vorfälle an einer Schule des Bezirks zeigen erneut gravierende strukturelle Mängel auf: Lehrkräfte, die sich gegen Übergriffe und unangemessenes Verhalten wehren, werden allein gelassen, während das Staatliche Schulamt weder Transparenz noch effektiven Schutz für Betroffene gewährleistet.

Beschwerdeführerinnen ohne Schutz und Unterstützung

In einem aktuellen Fall haben sich mehrere Lehrkräfte über ihre Schulleitung beschwert, darunter auch mit dem schweren Vorwurf der sexuellen Belästigung. Doch anstatt die Beschwerden professionell und transparent zu behandeln, verweigerte das Schulamt jede strukturierte Auseinandersetzung mit den Betroffenen - gehört wurde nur der Beschuldigte durch die Amtsleiterin. Die betroffenen Lehrkräfte sahen sich gezwungen, den Gesamtpersonalrat als Vermittler einzuschalten, um überhaupt Gehör zu finden. Doch das Schulamt wies die vorgetragenen Beschwerden zurück, weil die Kolleginnen ihre Namen nicht offenlegen wollten – eine Maßnahme, die aus Angst vor möglichen dienstlichen Repressalien nachvollziehbar ist.

„Das aktuelle Vorgehen des Schulamts offenbart das eklatante Fehlen einer geschützten und unabhängigen Anlaufstelle für Diskriminierungs- und Belästigungsfälle“, erklärt die GEW Wiesbaden-Rheingau. „Wenn Betroffene sich aus berechtigter Sorge nicht an die Schulamtsleitung wenden können, existiert faktisch kein funktionierendes Beschwerdemanagement. Stattdessen bleibt alles beim Alten – und das auf Kosten derjenigen, die Schutz brauchen.“

Keine Empathie, keine Transparenz, keine Schulung – das Schulamt bleibt untätig

Besonders besorgniserregend ist die Haltung des Schulamts gegenüber den betroffenen Lehrkräften. Trotz der Schwere der Vorwürfe und der offensichtlichen strukturellen Defizite hat die Behörde erst dann das Gespräch mit den Lehrkräften gesucht, als die Pressemitteilung des Gesamtpersonalrats nicht mehr zu verhindern war. Dieses Verhalten offenbart eine mangelnde Empathie gegenüber den Betroffenen und zeigt deutlich, dass das Schulamt nur dann reagiert, wenn öffentlicher Druck aufgebaut wird.

Darüber hinaus fehlt es im gesamten Schulamtsbezirk an grundlegenden Informationen über das AGG und die bestehenden Beschwerdemöglichkeiten. Weder an den Schulen noch für neu eingestellte Lehrkräfte gibt es Hinweise auf den rechtlichen Schutzmechanismus gegen Diskriminierung und Belästigung oder auf bestehende Beschwerdewege. Damit verstößt das Schulamt gegen seine Verpflichtung, Beschäftigte über ihre Rechte aufzuklären und ihnen eine funktionierende Beschwerdemöglichkeit dediziert für Diskriminierungsfälle nach dem AGG aufzuzeigen.

GEW fordert sofortige Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle

„Die bisherigen Regelungen sind eine Farce. Sie dienen nicht dem Schutz der Betroffenen, sondern führen dazu, dass Beschwerden im Sande verlaufen“, so die GEW. „Wer sich gegen Diskriminierung oder Belästigung wehren möchte, darf nicht fürchten müssen, dienstliche Nachteile zu erleiden oder ins Leere zu laufen.“

Besonders skandalös ist, dass selbst angesichts der aktuellen Ereignisse das Schulamt keine Regelung zu finden gewillt ist, die eine systematische und für alle Beschäftigten transparente Bearbeitung von Beschwerden im Sinne eines Beschwerdemanagements sicherstellen würde. Statt eines strukturierten Beschwerdemanagements bleibt es beim bisherigen unkoordinierten Vorgehen, das von Fall zu Fall improvisiert wird – eine unhaltbare Situation. Bedenklich ist zudem, dass der Gesamtpersonalrat sich mit seinen Klärungsversuchen in dieser Angelegenheit an die Öffentlichkeit wenden muss, anstatt Gehör und Akzeptanz bei der Schulamtsleitung zu finden, um etwas Gemeinsames zu entwickeln.

Betroffene bleiben in Unsicherheit – Schulamt in der Verantwortung

Solange es keine unabhängige Beschwerdestelle gibt, bleiben betroffene Lehrkräfte weiterhin in Unsicherheit. Sie wissen nicht, ob und wie ihre Beschwerden bearbeitet werden, und haben keinen geschützten Beratungsraum, in dem sie sich ohne Angst äußern können. Dies führt kaum zu einer Lösung der individuellen Probleme, sondern verschärft vielmehr das strukturelle Phänomen, das Betroffene vereinzelt und ungehört bleiben.

„Es kann nicht sein, dass Lehrkräfte, die Diskriminierung und Übergriffe erleben, allein gelassen werden. Das Schulamt muss endlich Verantwortung übernehmen und handeln“, betont die GEW. „Wir fordern eine unabhängige Beschwerdestelle und ein transparentes Beschwerdemanagement – und zwar jetzt!“